Elisa Pollack

Geboren 1991 in Zittau. Von 2011 bis 2018 Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Leipzig sowie der Freien Universität Berlin. Seit Dezember 2018 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-geförderten Forschungsverbund „Das mediale Erbe der DDR“ und beschäftigt sich dort mit Mediennutzung und Medienbewertungen unter identitätstheoretischen Gesichtspunkten.

Mein DDR-Bild

Da sowohl meine Großeltern als auch Eltern in der DDR aufgewachsen sind, wurde mein DDR-Bild weniger durch Bildungseinrichtungen oder die Darstellung in Gedenkstätten geprägt, sondern speist sich zu einem Großteil aus den subjektiven Erinnerungen meiner Angehörigen. Dabei wurde die DDR in meiner Familie nur selten explizit zum Thema gemacht. Gezielte Nachfragen meinerseits waren eher rar. Mein Eindruck von der DDR basiert dementsprechend nicht auf umfänglichen biographischen Reflexionen meiner Familienmitglieder und in irgendeiner Art und Weise eingeforderten Selbstpositionierungen. Vielmehr sind es deren oft beiläufig geäußerten Anekdoten aus dem Alltag, die mein DDR-Bild nachhaltig geprägt haben. Auch wenn der Satz „Wir hatten ja nichts.“ noch immer des Öfteren fällt – mal unironisch, mal mit einem Augenzwinkern – so erhielt ich auf diesem Wege eine Vorstellung von der DDR, die wohl wesentlich nuancierter ist, als jene auf Diktaturcharakter und Mangelwirtschaft fokussierten Erzählungen, die noch immer den öffentlichen Diskurs dominieren. Für mich stand nie zur Debatte, dass ein „ganz normales Leben“ in der DDR möglich und für den Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner durchaus Realität war. Menschen ohne diese persönliche Verbindung mögen in dieser Hinsicht sicher andere Vorstellungen haben.

Durch die Arbeit im Forschungsverbund hat sich mein DDR-Bild nicht tiefgründig gewandelt. Tatsächlich aber habe ich ein viel stärkeres Bewusstsein für den herrschenden DDR- und Ostdeutschlanddiskurs entwickelt. Damit einher ging auch eine gesteigerte Wahrnehmung noch heute existenter struktureller und symbolischer Ungleichheitsverhältnisse zwischen Ost- und Westdeutschland.

 

Das ist mir bei der Erstellung des Filmporträts aufgefallen

Dass der von mir analysierte Film – Dessau Dancers (2015) – mit Stereotypen arbeitet und den gängigen massenmedialen Narrativen in Bezug auf die DDR-Vergangenheit folgt, hat mich wenig überrascht. Erstaunt hat mich aber durchaus, dass die Komödie, die alles andere als ein positives DDR-Bild zeichnet, durch Kritiker dennoch mit dem Vorwurf der Ostalgie konfrontiert wurde. Eine humoristisch angelegte Auseinandersetzung mit der DDR scheint, unabhängig vom tatsächlich vermittelten DDR-Bild, schlicht nicht als legitim zu gelten. Der pauschale Ostalgie-Vorwurf hat zur Folge, dass eine (filmische) Verhandlung der DDR nur selten außerhalb der altbekannten Darstellungsmuster erfolgt.

Bemerkenswert fand ich außerdem, dass Regisseur und Filmteam nicht den Eindruck erweckten, als ginge es ihnen darum, die DDR in einem möglichst schlechten Licht dastehen zu lassen. Die negative DDR-Darstellung scheint hier vielmehr Ergebnis der fehlenden oder nur oberflächlich vorhandenen persönlichen Bezüge zur DDR sowie des öffentlichen Erinnerns an den sozialistischen Staat zu sein, denn Folge einer subjektiven Motivation des Regisseurs.

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