Das Versprechen

Kurzinformationen

Filmdaten

Titel
Das Versprechen
Erscheinungsjahr
1994
1995
Produktionsland
Originalsprachen
Länge
116 Minuten

Kurzbeschreibung

Geschichte von Konrad und Sophie, die sich lieben, durch den Bau der Mauer jedoch nicht zusammen sein können.

Schlagworte

Schauplatz
Genre

Entstehungskontext

Beteiligte

Regie

Margarethe von Trotta

Geboren 1942 in Berlin. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs Umzug nach Düsseldorf. Ab 1967 war Margarethe von Trotta in Film und Fernsehen zu sehen und wurde zu einem der bekanntesten Gesichter des Neuen Deutschen Films. Von 1971 bis 1991 war sie mit Volker Schlöndorff verheiratet und arbeitete mit ihm als Co-Autorin und Co-Regisseurin. 1977 schrieb sie für den Film Das zweite Erwachen der Christa Klages (1978) das Drehbuch und führte erstmals eigenständig Regie. 1984 war sie letztmals als Schauspielerin zu sehen und ist seither Autorin und Regisseurin. Für die Filme Die bleierne Zeit (1981, RAF-Thematik) und Rosa Luxemburg (1986) wurde von Trotta mit dem DDR-Kritikerpreis ausgezeichnet. Eigentlich hatte sie keine Ambitionen, einen Film über die DDR zu drehen. Ihr Ex-Mann Felice Laudadio, der für den Mauerfall nach Berlin gereist war, überzeugte sie jedoch. 2019 sagte die Regisseurin, dass sie im Nachhinein den Zeitpunkt für Das Versprechen als unpassend empfinde, man hätte noch warten und einige Punkte besser überdenken müssen (YouTube). In ihrem Film Die andere Frau (2003) thematisierte von Trotta nochmals die DDR beziehungsweise das Leben nach der Wiedervereinigung.

Drehbuch

Peter Schneider

Geboren 1940 in Lübeck. 1962 Studium an der Freien Universität Berlin. Dort Teil der Studentenbewegung. Seine Texte beschäftigen sich häufig mit Berlin, der DDR und der Zeit nach dem Mauerfall. Sein Buch Der Mauerspringer (1982) erzählt von Figuren in Ost- und West-Berlin und wurde zu einem internationalen Erfolg. In den USA arbeitete er unter anderem für die Stanford University als Gastdozent und als Essayist für die New York Times. Er schrieb auch das Drehbuch für den von Reinhard Hauff gedrehten DDR-Film Der Mann auf der Mauer (1982).

Felice Laudadio (Idee, Mitarbeit)

Geboren 1944 in Mola di Bari, Italien. Romanautor, Journalist, Filmproduzent und -kritiker sowie Drehbuchautor. War CEO des Filmunternehmens Istituto LUCE, Präsident des Filmstudios Cinecittà sowie Direktor der Internationalen Filmfestspiele von Venedig 1997 und 1998. 1964 bis 1970 der erste Ehemann von Margarethe von Trotta. Er beteiligte sich an ihrem Film Zeit des Zorns (1993) als Drehbuchautor und Produzent. Zusammen leiten sie das 2009 gegründete Bari International Film Festival. Seit 2016 ist Laudadio Präsident der staatlich finanzierten Stiftung Centro Sperimentale di Cinematografia (Experimentelles Zentrum für Kinematographie) in Rom.

Produktion

Bioskop-Film München

1973 von Produzent Eberhard Junkersdorf und den Regisseuren Volker Schlöndorff und Reinhard Hauff gegründete Produktionsfirma. Unter anderem durch die Umsetzung der Filme von Schlöndorff, Hauf und von Trotta ist die Bioskop-Film GmbH einer der wichtigsten Akteure des Neuen Deutschen Films. Internationale Anerkennung fand vor allem der Film Die Blechtrommel (1979), der 1980 mit dem Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ ausgezeichnet wurde. Die DDR wurde auch durch Reinhard Hauffs Der Mann auf der Mauer (1982) thematisiert. 2001 wurde aus der Bioskop-Film die Neue Bioskop, die sich aktuell vor allem um Fernsehproduktionen kümmert. 

Odessa-Films Paris, CNC Paris, Canal+

Die Beteiligten aus Frankreich. Die Produktions- und Verleihfirma Odessa-Films gab es von 1979 bis 2003. Das Centre National de la Cinématographie fördert und archiviert im Auftrag des Kultusministeriums Filme. Canal+ ist ein Pay-TV-Sender.

Studio Babelsberg

Die Babelsberg Studios sind eine der größten Studiokomplexe Europas und historisch mit der DDR verknüpft; unter dem Namen Deutsche Film AG (DEFA) wurden hier zentral die Filme des ostdeutschen Staates produziert. Nach dem Mauerfall beteiligte man sich an zahlreichen Filmen, wie beispielsweise Sonnenallee (1999), Bridge of Spies (2015) und Traumfabrik (2019), die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema DDR auseinandersetzen.

Produzent: Eberhard Junkersdorf

Geboren 1938 in Berlin. Seit den frühen 1960er Jahren in der Filmbranche tätig. Mitgründer der Bioskop-Film. Eberhard Junkersdorf produzierte zahlreiche wichtige Filme des Neuen Deutschen Films von Regisseuren wie Volker Schlöndorff, Reinhard Hauff, Herbert Achternbusch, Margarethe von Trotta und Christel Buschmann. 1995 gründet er das Zeichentrickstudio Munich Animation, 1997 führt er für den Animationsfilm Die furchtlosen Vier erstmals Regie.

Finanzierung

Der Film wurde vom Bundesministerium des Inneren, Télevision Suisse Romande, der Filmförderungsanstalt (FFA), der Filmkredittreuhand Berlin sowie dem European Script Fund unterstützt. Zusätzlich wurden folgende Fördersummen vergeben:

Filmförderung Nordrhein-Westfalen

350.000 Euro (Produktion: 250.000, Verleih: 100.000)

Eurimages des Europarats

396.367 €

2017 wurde der Film im Rahmen der „Digitalisierung des nationalen Filmerbes“ durch Unterstützung der Filmförderungsanstalt (FFA) digitalisiert. Antragssteller Studiocanal GmbH wurden für acht Filme, darunter Das Versprechen, 119.074 Euro zur Verfügung gestellt. Die genaue Summe, die für die Bearbeitung des Films von Margarethe von Trotta genutzt wurde, wird nicht genannt.

Werbung

Das Versprechen eröffnete die Berlinale 1995. Die taz berichtete, dass der Film dort „kräftig ausgebuht“ worden sei und sich die beiden Hauptdarstellerinnen distanziert hätten – ohne einen konkreten Grund zu nennen. Die Berlinale selbst sprach dagegen von einem „gelungenen Eröffnungsfilm“. Im Spiegel wurde erwähnt, dass es sich bei der Vorführung gar nicht um die Premiere gehandelt habe. Der Film sei schon 1994 in Leipzig gezeigt worden, um in der Rubrik „Bester fremdsprachiger Film“ für die Oscarverleihung 1995 ins Rennen gehen zu können. Der deutsche Vorschlag wurde aber nicht nominiert.

Für die Kinowerbung gab es einen Trailer. Dieser verzichtet komplett auf Sprache. Im Verlag Volk & Welt erschien 1995 ein Buch mit dem Titel Das Versprechen oder Der lange Atem der Liebe – mit Hintergrundinformationen zum Dreh und dokumentarischem Material.

Filminhalt

Handlung

Nach dem Bau der Mauer planen Konrad und Sophie mit ein paar Freunden die Flucht nach West-Berlin. Vor dem Abstieg in die Kanalisation stolpert Konrad und entscheidet sich spontan, nicht mitzukommen. Sophie und ihren Freunden gelingt die Flucht, sie werden jedoch von Konrads Vater bei der Staatssicherheit angezeigt. Während Sophie bei ihrer Tante in West-Deutschland unterkommt, muss Konrad bei der Grenzbrigade beweisen, dass er die DDR unterstützt. Sieben Jahre später ist Konrad ein Physiker, der seine Arbeit in Prag vorstellen darf. Dort trifft er Sophie, die beiden werden jedoch im Prager Frühling abermals getrennt. Kurz darauf wird Sophie die Einreise in die DDR genehmigt. Sie teilt Konrad mit, dass sie von ihm schwanger sei. Er plant daraufhin, sich nach einem Kongress in die BRD abzusetzen, was jedoch auffliegt. Sophie darf nicht mehr in die DDR und bricht daraufhin den Kontakt zu Konrad ab.

Die Handlung springt in das Jahr 1980, Konrad ist mittlerweile Professor, Sophie Reiseführerin. Beide sind verheiratet, doch Konrad will sie und ihren Sohn Alex wiedersehen. Sie einigen sich darauf, dass Alex zu Besuch in die DDR kommen darf. Die Stasi nutzt dies als Druckmittel gegen Konrad: Er soll seine Schwester Barbara, die als Pastorin mit ihrem Mann Harald gegen die DDR-Regierung Widerstand leistet, dazu überreden, in den Westen auszuwandern. Da er dies nicht schafft, wird ihm der Kontakt zu seinem Sohn verboten. Als er einen Mitarbeiter der Staatssicherheit attackiert, verliert er seinen Job und muss als Heizer in einem Schwimmbad arbeiten. Auch seine Ehe geht in die Brüche, zu sehr hängt er noch an Sophie. Allein in einem kleinen Appartement bekommt er 1989 mit, wie die Mauer fällt. Auf seinen Weg in den Westen begegnet er Alex und Sophie wieder. 

Zentrale Figuren

Konrad (Anian Zollner und August Zirner)

Konrads Sicht auf die DDR wird von seinen Bezugspersonen geprägt: Auf der einen Seite der Vater, der eine große Chance sieht, auf der anderen Seite seine Freunde, die frei sein wollen und in die BRD fliehen. Lange wird nicht klar, wofür er steht. Erst seinem Sohn Alex gesteht er, dass er sich im Gegensatz zu Sophie in der DDR zuhause fühle und deswegen geblieben sei. Als Physiker macht er Karriere. Seine klaren Moralvorstellungen verliert er im Laufe der Jahre, er arbeitet mit der Stasi zusammen und belügt seine Tochter. Durch die Mauer verliert er Sophie, durch seine Sehnsucht nach ihr seine neue Familie und schließlich seinen Job, als er sich gegen die Stasi aufzulehnen versucht.

Sophie (Meret Becker und Corinna Harfouch)

Sophie möchte die DDR verlassen. Auch wenn sie das physisch schafft, kann sie nicht loslassen, weil ihr Geliebter im Osten bleibt. Für diese Liebe wäre sie bereit, erst nach Prag und später zurück in die DDR zu ziehen. Auch ihrem Sohn Alex erlaubt sie, den Grenzübergang zu passieren. Es ist also keine prinzipielle Abneigung vorhanden, viel mehr möchte Sophie die Möglichkeiten wahrnehmen, die der Westen bietet. Sie arbeitet zuerst an Designerkleidung, später lernt sie Sprachen und heiratet einen Franzosen. Konrad nimmt sie übel, dass er sich nicht genug für die Wiedervereinigung der beiden einsetzt.

Barbara (Susann Ugé und Eva Mattes)

Konrads Schwester, die ihn an den Vater verrät. Nicht aus üblen Motiven, sondern weil sie nicht lügen möchte und denkt, dass die Mauer sowieso nicht lange Bestand haben wird. Durch den Einfluss ihres Manns Harald ändert sich ihre Einstellung. Sie sieht die Missstände der DDR, die hier vor allem durch die Mauer repräsentiert wird, und protestiert gegen das Vorgehen beim Prager Frühling. Um etwas verändern zu können, leitet sie als Pastorin Friedensseminare. Ein Leben in der BRD ist für sie keine Option.

Harald (Pierre Besson und Hans Kremer)

Wie Konrad wird auch Harald bei der Grenzbrigade ausgebildet. Barbaras Freund zeigt jedoch früh Ungehorsam, als er Gewalt an der Mauer ablehnt. Später protestiert er mit Barbara gegen die Geschehnisse rund um den Prager Frühling und wird festgenommen. Als er Jahre später nach einer Protestaktion abermals verhaftet wird, will die DDR, dass er das Land verlässt. Harald stimmt zu, unter der Bedingung, dass Barbara mit ihm kommt. Als sie ablehnt, wird er gewaltsam abgeschoben. Schockiert von den Drogenabhängigen am Bahnhof Zoo und der Fahndung nach Terroristen und voller Sehnsucht nach seiner Frau möchte Harald in die DDR zurück. Als er über die Mauer springt, wird er getötet.

Gesellschaftsbild

Die Gesellschaft ist in diesem Film zunächst vielfältig. Es gibt keineswegs nur DDR-kritische Stimmen. Konrads Vater glaubt an den Staat, und Barbara verrät die Flucht ihres Bruders. Als die Flüchtenden im Westen aus dem Kanal steigen, meinen sie sogar noch auf der Ost-Seite zu sein – zu ähnlich sind sich die beiden Staaten. Auch Konrads Professor sagt, dass er für die DDR sei, weil er das im Westen vertretene nationalistische Gedankengut nicht hätte unterstützen wollen.

Je länger die Mauer steht, umso mehr verändert sich die Situation. Haralds Abneigung gegen Gewalt an der Grenze schlägt in Protestaktionen um. Barbara nutzt ihre Stellung in der Kirche, um Kritik zu äußern. Selbst Konrads Vater vergleicht die DDR am Ende seines Lebens mit der Nazidiktatur. Dass er kurz darauf stirbt, lässt sich als Tod der einst guten Intentionen deuten.

Nur Konrad arrangiert sich mit seiner Situation. Dafür muss er jedoch seine Moralvorstellungen ändern, er lügt und arbeitet mit der Stasi zusammen. Er geht damit jenen Pakt ein, den er als Student bei seinem Professor kritisiert hat. Dieser hatte ihm erklärt, dass die Alternative Karriere oder Kampf für Gerechtigkeit heiße.

Wie anstrengend das Leben hinter der Mauer für viele gewesen sein muss, zeigt sich am Ende des Films. Als eine alte Dame von einem Fernsehteam gefragt wird, warum sie sich denn nicht über den Mauerfall freue, sagt sie bedrückt: „Für mich kommt es zu spät. (…) Wenn nach 30 Jahre der Käfig aufgemacht wird, kann man nicht mehr fliegen.“

Ästhetik und Gestaltung

West- und Ost-Berlin unterscheiden sich nicht wirklich. Beide Orte sind grau und werden von Betonbauten dominiert. Nur das Graffiti der West-Seite bringt etwas Farbe in den Film. Im Privaten, also in den Wohnungen der Bürger, wird der Unterschied jedoch deutlich: im Westen modernes Design (Abb. 10) und im Osten Zweckmäßigkeit und wenig Glamour (Abb. 11). Während dort schon in den 1960er Jahren vor einem Flügel Schach gespielt wird (Abb. 12), sitzt hier die Grenzbrigade mit am Ess-Tisch (Abb. 13). Auch die Kleidung unterscheidet sich: In der DDR dominieren schwarz und grau. Sophie und ihr Sohn Alex tragen hingegen häufig rot. Wiederkehrende Motive sind die S-Bahn und die Mauer, wo die Zeitgeschichte abgebildet wird. 1968 heißt der Graffiti-Schriftzug „SIEG DER VIETNAMESISCHEN REVOLUTION“.

Authentizität

Strategien der Authentizitätskonstruktion

Zu Beginn des Films werden Schwarz-Weiß-Aufnahmen des Mauerbaus sowie erste Fluchtversuche gezeigt. Ein Off-Sprecher kommentiert die Geschehnisse. Auch später wird historisches Bildmaterial eingesetzt, um eine authentische Atmosphäre herzustellen. Die Figuren des Films sehen fern und reagieren auf eine Tunnelflucht oder den Prager Frühling. Der Film nimmt sich Zeit für Originalaufnahmen und stellt so nicht nur eine Verbindung zu realen Ereignissen her, sondern macht auch deutlich, warum es sich lohnt, gegen die DDR zu demonstrieren.

Die Mauer musste für die Dreharbeiten nachgebaut werden, wo dies jedoch möglich war, wurden Originalschauplätze genutzt. In Haralds Gefängnis wurden beispielsweise tatsächlich Kritiker des Regimes eingeliefert. In Medienberichten wurde die Gründlichkeit des Teams gelobt: „Sie recherchierten, lasen, sichteten, trafen Zeitzeugen: ‚Wissenschaftler, Schriftsteller, Pastoren, Dissidenten und von ihrem Staat Überzeugte“ (Zeit Online). Auch die Zusammenarbeit mit dem Zeitzeugen Peter Schneider lässt sich als Authentizitätsmerkmal bewerten. Margarethe von Trotta sagte, dass außerdem viele Ost-Schauspieler gecastet worden seien, auch wenn diese nicht zwingend DDR-Figuren spielen (YouTube).

Rezeption

Reichweite

In Deutschland erreichte der Film mit 205.821 verkauften Tickets Platz 87 der Jahrescharts 1995 (insidekino.de). 2004 wurde Das Versprechen von Cine Plus auf DVD veröffentlicht, 2008 folgte eine Arthaus-Version. Außerdem führt der Anbieter Zweitausendeins eine DVD-Version in der Reihe „Der deutsche Film“. 2017 wurde der Film von der Filmförderungsanstalt (FFA) digitalisiert.

Rezensionen

Andreas Kilb von der Zeit stufte Das Versprechen als mittelmäßig ein. Der Film schaffe es nicht, Liebesgeschichte und Mauerfilm zu vereinen. Statt von den Charakteren werde das Geschehen von den Ereignissen diktiert: „Konrad und Sophie können ihre Tragödie nie erleben, weil sie ihnen jedesmal abgenommen wird“. Die Sympathie des Publikums gelte viel mehr den „Randfiguren“ Barbara, Harald und „Stasi-Knecht“ Müller. Als erster richtiger Mauerfilm werde der Film trotzdem den Blick auf die Mauer prägen. Dazu sagt Kilb versöhnlich: „Es hätte schlimmer kommen können.“

Ähnlich äußert sich Hans-Günther Dicks im Neuen Deutschland. Die Entscheidung, die relevanten Story-Punkte in die Jahre 1961, 1968 und 1989 zu legen, zeige, dass es gar nicht um eine Liebegeschichte gehe. Vielmehr seien die Helden nur politische „Schachfiguren“, die „hin und her geschoben werden“, ohne eigenen Charakter; allenfalls die Nebendarsteller wirkten überzeugend. Dicks kritisiert außerdem den Wechsel der Darsteller für die zweite Hälfte des Films. Anstatt emotional abgeholt zu werden, urteilt er: „Es ist bloß zum Heulen!“

Auch die Süddeutsche Zeitung (9. Februar 1995) findet den Besetzungswechsel irritierend. Allerdings sieht Peter Buchka darin gleichzeitig ein geschicktes Manöver, um die innere Veränderung der Charaktere sichtbar zu machen. Der Film zeige auf, „was die Politik ihren Bürgern antat, und die objektive Geschichte den hilflosen Subjekten.“ Für Buchka ist Das Versprechen ein „Kunstwerk“, „Margarethe von Trottas bester Film“, bei dem „die Geschichte der Menschen […] mit der Zeitgeschichte […] zu einem homogenen Komplex“ verschmelze.

In Kontrast dazu schreibt Mariam Niroumand für die taz, dass der Film ein „inzwischen allgemein als zu leichtgewichtig abgetanes Mauer-Melodram“ sei. Es wird kritisiert, dass die beiden Hauptfiguren als „kleine Leute“ dargestellt werden. Austauschbar, unberührt von den Systemen. Die Autorin sieht darin eine „neue Opferperspektive“, die auch nach der Nazizeit eingenommen worden sei: „kleine Leute“, die „von alledem nichts gewusst“ haben wollten.

Die Regisseurin hat später viele der Kritikpunkte selbst geteilt. 2019 sagte sie, dass sie zu Recherche und Film stehe, auch wenn manches „plakativ“ sei (YouTube).

Auszeichnungen

Preis

Kategorie

Ausgezeichnet

Bayerischer Filmpreis 1995

Regie

Margarethe von Trotta

Bayerischer Filmpreis 1995

Darstellerin

Meret Becker

Gilde-Filmpreis

1995

Deutscher Film

Das Versprechen

Deutscher Kamerapreis 1996

Kamera (Kinospielfilm)

Franz Rath

Wissenschaftliche Aufarbeitung

Das Versprechen wird aus zwei Perspektiven bewertet: zum einen durch die DDR-Thematik, zum anderen als Werk von Margarethe von Trotta. Häufig geschieht dies zeitgleich, wie bei Jenifer K. Ward (2001), die Parallelen zu früheren Filmen der Regisseurin zieht und hervorhebt, dass Das Versprechen konstant auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Staaten hinweise. Auch Gerhard Lüdeker (2012) sieht den Ost-West-Gegensatz im Mittelpunkt der Erzählung, wobei sich von Trotta vor allem auf die negativen Aspekte der deutsch-deutschen Geschichte fokussiere. Er erkennt in Das Versprechen eine Skepsis gegenüber der Wiedervereinigung, die für Westdeutsche nicht unüblich sei. Mögliche Ursachen sieht er „in der Psychologie, der Ideologie und der jeweiligen Sozialisation“ (S. 234).

David L. Pike (2010) hebt vor allem die Tunnelflucht zu Beginn des Films hervor. Dabei betont er, dass Sophie, Konrad und Harald physisch Grenzen überschreiten würden, aber nicht emotional. Der Film lasse offen, wie es nach dem Wiedersehen der beiden weitergehen könnte. Brad Prager (2010) klagt, dass Das Versprechen unreflektiert verkünde, Staat und Stasi seien für das Leid im Osten verantwortlich gewesen – im Gegensatz etwa zu Das Leben der Anderen (2006). Sowohl Ward als auch Pranger weisen darauf hin, dass Das Versprechen Christa Wolfs Geschichte Der geteilte Himmel (1963) referenziere.

Erinnerungsdiskurs

Das Versprechen zeigt anfangs ein diverses DDR-Bild: Der Vater unterstützt den Staat, Sophie will aus ihm fliehen, Harald und Barbara wollen ihn verändern, und Konrad möchte sich mit den Regeln arrangieren. Doch diese Diversität ist klar von Martin Sabrows Konzept Diktaturgedächtnis geprägt. Für jede Figur ist die Stasi wichtig, weil sie nicht konforme Sichtweisen sanktioniert. Sophie soll nach ihrer Flucht zurückgeholt werden. Als dies nicht funktioniert, wird es ihr erschwert, mit geliebten Personen auf der anderen Seite der Mauer in Kontakt zu bleiben. Harald und Barbara werden sabotiert und eingesperrt. Ähnlich ergeht es Gleichgesinnten, die auf offener Straße entführt werden. Selbst die DDR-Unterstützer müssen einsehen, dass sie den falschen Weg gewählt haben. Konrads Vater vergleicht das Regime mit Nazi-Deutschland, Konrad agiert als IM und muss dennoch auf den Besuch seines Sohns verzichten. Als er sich aufzulehnen versucht, werden ihm seine Privilegien gestrichen. Dass die Liebesgeschichte gerade an „Unrechtstagen“ wie dem Mauerbau 1961 und der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 stattfindet, verstärkt das Gefühl eines „Täter-Opfer-Gegensatzes“.

Empfehlung

Empfehlung des Autors

Eigentlich besitzt Das Versprechen alles, was einen guten Film auszeichnet: eine fähige Regisseurin, ein spannendes Thema und gute Schauspieler. Leider wirkt er teilweise lieblos und, wie von Trotta es formuliert, plakativ. Anstatt die Liebegeschichte zu nutzen und den Konflikt zwischen den Figuren austragen zu lassen, verkommt sie zu einem Vorwand, wichtige DDR-Daten abzuarbeiten. Mit ein wenig Feinjustierung hätte schon einer der ersten Mauerfilme einer der besten werden können. Sehenswert ist er dennoch – auch weil er durch die zeitliche Nähe zur Wiedervereinigung selbst Teil der Geschichte geworden ist.

Literatur

Gerhard Lüdeker: Kollektive Erinnerung und nationale Identität: Nationalsozialismus, DDR und Wiedervereinigung im deutschen Spielfilm nach 1989. München: edition text + kritik 2012

David L. Pike: Wall and Tunnel: The Spatial Metaphorics of Cold War Berlin. In: New German Critique No. 110 (Summer 2010), S. 73-94

Brad Prager: Passing Time since the Wende: Recent German Film on Unification. In: German Politics & Society 28. Jg. (2010), No. 1, S. 95-110

Jenifer Κ. Ward: German-Germanness: On Borders, Hybridity, and Sameness in Margarethe von Trotta’s Das Versprechen. In: Carol Anne Costabile-Heming, Rachel J. Halverson, Kristie A. Foell (Hrsg.): Textual Responses to German Unification. Berlin, New York: De Gruyter 2001, S. 225-232

Empfohlene Zitierweise

Das Versprechen. In: Daria Gordeeva, Michael Meyen (Hrsg.): DDR im Film 2023, https://ddr-im-film.de/index.php/de/film/das-versprechen