Bridge of Spies

Kurzinformationen

Filmdaten

Titel
Bridge of Spies
Erscheinungsjahr
2015
Produktionsland
Originalsprachen
Länge
142 Minuten

Kurzbeschreibung

Kurz nach dem Mauerbau verhandelt ein US-Anwalt im Osten Berlins über den Austausch zweier gefangener Spione aus den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. Auch ein in der DDR inhaftierter US-Student soll in den Austausch eingebunden werden.

Schlagworte

Zeit
Schauplatz
Genre

Entstehungskontext

Beteiligte

Regie

Steven Spielberg wurde am 18. Dezember 1946 in Cincinnati geboren und ist einer der berühmtesten Regisseure Hollywoods. Zu seinen Erfolgsfilmen gehören Der weiße Hai (1975), Jurassic Park (1993) und Der Soldat James Ryan (1998). Von Filmkritiker Brian Tallerico wird Spielberg als „einer unseren wichtigsten filmischen Geschichtsschreiber“ beschrieben. Der dreifach Oscar-Gewinner hat zwar keine direkten Bezüge zur DDR, beschäftigt sich in Filmen wie Schindlers Liste oder München aber mehrmals mit deutscher Geschichte. Zum Plot von Bridge of Spies hat der Regisseur allerdings eine persönliche Verbindung: Sein Vater war zum Handlungszeitpunkt im Rahmen eines Ingenieur-Austauschs in der Sowjetunion und konnte das Wrack des Flugzeugs von Francis Gary Powers (siehe Inhaltsangabe) begutachten, wie aus einem Interview im Begleitmaterial zum Film hervorgeht.

Drehbuch

Matt Charman, Ethan & Joel Coen

Der britische Drehbuchautor Matt Charman wurde am 5. Juni 1979 im englischen Crawley geboren. Seine Biografie zeigt keine Verbindung zur DDR, der Brite beschäftigt sich in seinen Filmen aber durchaus mit Themen deutscher Geschichte: Zweiter Weltkrieg (Suite française, 2014) und die Folgen des Nationalsozialismus (Operation Finale, 2018).

Die Coen-Brüder Ethan und Joel sind als Regisseure, Drehbuchautoren, Produzenten und Editoren Hollywood-Inventar. Ihre bekanntesten Werke sind die Oscargewinner Fargo (1996) und No Country for Old Men (2007) sowie The Big Lebowski (1998). Bezüge zur (ost-)deutschen Geschichte gibt es in ihren Biografien nicht.

Produktion

Kristie Macosko Krieger, Marc Platt

Macosko Krieger ist eine häufige Mitarbeiterin von Steven Spielberg. Seit 2001 begleitete sie seine Projekte erst als Assistentin, dann als (Co-)Produzentin und war somit beispielsweise auch an München beteiligt. Ihr Lebenslauf weist genau wie der von Marc Platt keine direkten DDR-Bezüge auf. Steven Spielberg fungierte neben seiner Rolle als Regisseur auch als Produzent des Films.

Studio Babelsberg

Neben vielen US-Produktionsfirmen ist auch das Studio Babelsberg Co-Produzent von Bridge of Spies. Die Babelsberger Filmateliers waren zu DDR-Zeiten Teil der DEFA. Im Juli 1990 wurden sie der Treuhandanstalt übertragen und anschließend 1992 durch den Verkauf an den französischen Konzern Générale des Eaux endgültig privatisiert. Heute gilt Studio Babelsberg als einer der wichtigsten Co-Produzenten für Hollywood-Produktionen in Europa. So wurden zum Beispiel der Quentin-Tarantino-Film Inglorious Basterds (2009) oder der Marvel-Streifen The First Avenger: Civil War (2016) vom Studio Babelsberg koproduziert. Nach dem Mauerfall war das Studio zudem auch an der Produktion von Filmen über die DDR wie Sonnenallee (1999), Traumfabrik (2019) oder Die Stille nach dem Schuss (2000) beteiligt.

Finanzierung

Das Budget von Bridge of Spies wird laut IMDb auf etwa 40 Millionen US-Dollar beziffert. Insgesamt erhielt der Film von deutschen Förderanstalten Mittel in Höhe von über fünf Millionen Euro.

Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MfG)

600.000 Euro

Filmförderungsanstalt (FFA)

234.915,80 Euro (Referenzmittelförderung)

Filmförderungsanstalt (FFA)

400.000 Euro (Medialeistungen)

Filmförderungsanstalt (FFA)

250.000 Euro (Verleihförderung)

Medienboard Berlin-Brandenburg

500.000 Euro

Deutscher Filmförderfonds (DFFF)

3.718.604,60 Euro (unter dem Arbeitstitel St. James Place)

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Bridge of Spies feierte sein Debüt am 4. Oktober 2015 beim New York Film Festival, zwei Wochen später kam der Film in den USA in die Kinos. Filmstart in Deutschland war der 26. November 2015. Das Filmplakat wurde am 4. Juni 2015 veröffentlicht. Es zeigt eine Nahaufnahme von Tom Hanks sowie die Flaggen von USA und Sowjetunion. Ein erster Trailer zum Film folgte am Tag darauf. Zusätzlich wurde vom Netzwerk für Film- und Medienkompetenz VISION KINO auch ein Begleitheft mit Unterrichtsmaterial zum Film veröffentlicht. Während der Aufnahmen an der Glienicker Brücke besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Dreharbeiten.

Filminhalt

Handlung

Der sowjetische Spion Rudolf Abel wird 1957 in Brooklyn festgenommen. Um medienwirksam einen vermeintlich gerechten Prozess zu inszenieren, wird ihm James B. Donovan als Anwalt zugeteilt. Donovan ist eigentlich Versicherungsanwalt, nimmt den Auftrag aber an. Einen Schuldspruch kann er zwar nicht vermeiden, dafür aber den Richter davon überzeugen, nicht die Todesstrafe zu verhängen. Sein Argument: Falls ein US-Spion festgenommen wird, haben wir jemanden zum Austausch. Genau dieses Szenario tritt dann tatsächlich ein: Der US-Pilot Francis Gary Powers wird während eines Spionageflugs über der Sowjetunion abgeschossen, festgenommen und verurteilt. Die sowjetische Regierung nimmt Kontakt mit Donovan auf, um über einen Austausch der beiden Gefangenen zu verhandeln. Dafür muss Donovan in den Osten Berlins, wo er vom US-Studenten Frederic Pryor hört, der am Tag des Mauerbaus unter Spionagevorwürfen festgenommen wurde. Sein Ziel ist es nun, beide US-Bürger in die Heimat zu holen.

Zentrale Figuren

James B. Donovan (Tom Hanks) – US-Anwalt, dem ein fairer Prozess wichtiger ist als das vorherrschende anti-kommunistische Weltbild. Dafür werden er und seine Familie angefeindet. Leben und Recht stehen für ihn im Vordergrund, seinen Klienten Abel verteidigt er trotz aller Differenzen bestmöglich.

Rudolf Abel (Mark Rylance) – Der sowjetische Spion ist zwar überzeugter Kommunist, sieht aber auch, dass die Weltanschauungen der USA und der Sowjetunion lediglich zwei Seiten einer Medaille sind. Weder die Festnahme noch die drohende Todesstrafe oder seine ungewisse Zukunft in der Heimat bringen Abel aus der Ruhe.

Francis Gary Powers (Austin Stowell) – Der US-Pilot wird für Spionageflüge über der Sowjetunion rekrutiert, allerdings schon bei seinem ersten Einsatz abgeschossen. Er begeht nicht Selbstmord, sondern wird gefangen genommen, verurteilt und so zum politischen Gegenstück von Rudolf Abel.

Frederic Pryor (Will Rogers) – Der US-Amerikaner studiert zur Zeit des Mauerbaus in Berlin und wird von der Stasi festgenommen. Da sich seine Dissertation mit der Wirtschaft der DDR beschäftigt, gerät er in Verdacht, ein US-Spion zu sein.

Wolfgang Vogel (Sebastian Koch) – Der DDR-Anwalt wird von sowjetischer Seite mit den Verhandlungen beauftragt. Dabei wird deutlich, dass die DDR im Konzert der Großen nichts zu sagen hat. Darsteller Sebastian Koch ist zwar in Westdeutschland geboren (Karlsruhe) und aufgewachsen (Stuttgart), war aber in seiner Schauspielkarriere mehrfach an Produktionen mit DDR-Bezug beteiligt: Der Tunnel (2001), Zwei Tage Hoffnung (2003) und Das Leben der Anderen (2006).

Gesellschaftsbild

Hauptfigur James Donovan hat nur wenige Berührungspunkte mit der DDR. Was er mitbekommt, bedient Stereotype: Kaum in Berlin angekommen, raubt ihn eine Bande Jugendlicher aus. Sein Mantel wird gestohlen, weil er westlich aussieht. Die Szene bringt den Film nicht (oder höchstens marginal) weiter, sondern ist allenfalls dazu da, das DDR-Bild des US-Amerikaners Donovan zu bestätigen. Das gilt auch für seine Verhaftung durch den DDR-Anwalt Vogel – eine Machtdemonstration ohne triftigen Grund, die die Willkür des DDR-Apparats verdeutlicht. Trotzdem wird schnell klar, dass dieser Apparat für die Sowjetunion und die USA kein Faktor ist.

Die Nebenfiguren bedienen Stereotype: Die US-Amerikaner sind in diesem Film indoktrinierte Anti-Kommunisten, Sowjets und Ostdeutsche dagegen Bürokraten des Systems. Polizei und Justiz der DDR sind zum einen der Politik untergeordnet und zum anderen bestenfalls Handlanger der beiden Weltmächte.

Ästhetik und Gestaltung

Die erste Hälfte des Films spielt in den USA, die zweite in der DDR. Bemerkenswert ist dabei der Unterschied in den Farbpaletten: Während für die Darstellung der USA vorrangig warme Brauntöne verwendet werden (positiv konnotiert), ist die DDR grau-weiß (Schnee, Kälte) dargestellt.

Authentizität

Strategien der Authentizitätskonstruktion

Bridge of Spies basiert auf einer wahren Geschichte: James B. Donovan, Rudolf Abel, Francis Gary Powers, Frederic Pryor und Wolfgang Vogel haben wirklich gelebt. Die Webseite informationisbeautiful.net sagt, dass sich viele Szenen mit der Wirklichkeit decken. Der Film stützt sich vor allem auf James Donovans Autobiografie Strangers on a Bridge, nutzt aber auch Zeitungsartikel. Größere Abweichungen gab es vor allem bei der Festnahme von Rudolf Abel sowie bei der Darstellung der DDR. So wurde Donovan in der DDR weder bestohlen noch inhaftiert oder gar Zeuge einer Erschießung an der Mauer. Auch bei den als „wahr“ eingestuften Filmszenen sollte immer mit einem gewissen Grad an Dramatisierung gerechnet werden.

Frederic Pryor sagte in einem Interview, dass der Film „gut“ sei und er ihn „genossen“ habe. Zugleich kritisierte der Zeitzeuge die „vielen Freiheiten“, die sich das Filmteam herausgenommen habe. Pryor wurde zum Beispiel nicht während des Mauerbaus festgenommen. Er war damals in Dänemark. Auch die Übergabe am Checkpoint Charlie sei anders abgelaufen als im Film. Vor allem das Porträt von Wolfgang Vogel hält Pryor für „unfair“: „Sie stellten ihn als einen totalen Apparatschik und einen der Bösewichte dar. Das war er nicht. Er war ein ruhiger, sprachgewandter Mann. Der Film stellte den Austausch als politische Sache dar, einen Versuch seinerseits, die USA dazu zu bringen, die ostdeutsche Regierung öffentlich anzuerkennen. Aber es war eher ein Wartespiel, das die Ostdeutschen spielten, um den Russen zu zeigen, dass sie die Oberhand hatten.“

Viele der Drehorte sind dagegen „echt“. Der Höhepunkt des Films wurde tatsächlich an der Glienicker Brücke gedreht – im DDR-Look. Weitere Information bieten YouTube-Interviews mit Steven Spielberg, Tom Hanks, Mark Rylance sowie ein Behind the Scenes zum Film.

Rezeption

Reichweite

Für Bridge of Spies wurden in den deutschen Kinos 427.488 Tickets verkauft (Startwoche: 125.050) – Platz 63 der Charts 2015. Der Film lief in 533 Kinos. Weltweit lagen die Einnahmen laut Box Office Mojo bei rund 165 Millionen Dollar ein. Im Mai 2016 wurde der Film in Deutschland auf DVD und Blu-ray veröffentlicht. Seit Dezember 2018 ist er auf Netflix zu sehen.

Rezensionen

Der Film wurde von der deutschen Kritik überwiegend positiv aufgenommen. Susan Vahabzadeh (Süddeutsche Zeitung) sprach von einem „Denkmal für die Diplomatie“. So ähnlich sah das Dietmar Dath (Frankfurter Allgemeine Zeitung): „Spielberg hat also einen weiteren geschichts- und sozialkundlichen Film gedreht, aus dem man sehr viel über Mittel und Zwecke moralischen Erzählens lernen kann. Das ist wohl weniger, als er im Hinblick auf die Frage, wie sein Land in den ganz anders gearteten Konflikten der Gegenwart bestehen kann, mit diesem Film erreichen wollte – aber immer noch sehr viel mehr, als die meisten in seinem Fach je können werden.“ Auch Andreas Borcholte (Spiegel) (grandioses Kino“) sah den Film insgesamt positiv.

Von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) bekam Bridge of Spies das Prädikat „besonders wertvoll“. In der Begründung heißt es: „Spielberg gelingt es in seinem Film auf überzeugende Weise, sowohl den Zeitgeist des Kalten Krieges wie auch den Look jener Zeit spürbar zu machen. Auf diese Weise entsteht das detailgetreue und liebevolle Bild einer Zeit, deren politische Grabenkämpfe bei genauerer Betrachtung gar nicht so weit von den Konflikten unserer Tage entfernt sind.“

Auch die internationale Kritik lobte den Film größtenteils. Beim Rezensionsaggregator Rotten Tomatoes kam Bridge of Spies auf 90 Prozent positive Rezensionen (Stand: November 2020). Brian Tallerico (rogerebert.com) bezeichnete Bridge of Spies als „einen der besten Filme des Jahres“ und schreibt über den Regisseur: „Seine Fähigkeit, Weltereignisse (…) in nachempfindbare, menschliche Geschichten zu destillieren, ist während seiner langen und abwechslungsreichen Karriere wohl unterschätzt worden. „Bridge of Spies“ setzt diese Tradition auf die bestmögliche Weise fort.“

Auszeichnungen

Bridge of Spies wurde 2016 für sechs Academy Awards nominiert. Davon konnte der Film eine Auszeichnung holen (Mark Rylance: bester Nebendarsteller). Außerdem wurde Bridge of Spies beim britischen Filmpreis BAFTA in neun Kategorien nominiert, auch dort konnte lediglich Mark Rylance gewinnen. Hinzu kommt eine Nominierung bei den Golden Globes – ebenfalls für Mark Rylance. Für deutsche Filmpreise wurde Bridge of Spies hingegen nicht nominiert.

Erinnerungsdiskurs

Schaut man Bridge of Spies, könnte sich die Frage stellen: Ist das Oscar-nominierte Werk überhaupt ein DDR-Film? Die Antwort: Ja, wenn auch aus einer US-Perspektive. Bridge of Spies fokussiert sich klar auf den Konflikt der Weltmächte. Dass die DDR hier unwichtig ist, wird in jeder Szene deutlich – besonders klar über die Figur von Wolfgang Vogel, der wie ein Kleinkind wirkt, das um Aufmerksamkeit bettelt. Für den Film ist die DDR unmissverständlich eine „Fußnote der Geschichte“ (Stefan Heym 1990). In Bridge of Spies ist die DDR ein Anhängsel der Sowjetunion im Kalten Krieg und kein eigenständiger Staat.

Empfehlung

Empfehlung des Autors

Als Film über den Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion kann Bridge of Spies überzeugen, wer aber eine reflektierte Darstellung der DDR sehen will, sollte lieber auf andere Filme zurückgreifen.

Empfohlene Zitierweise

Bridge of Spies. In: Daria Gordeeva, Michael Meyen (Hrsg.): DDR im Film 2023, https://ddr-im-film.de/index.php/de/film/bridge-of-spies