Deckname Luna
Inhalt
- Kurzinformationen
- Filmdaten
- Kurzbeschreibung
- Schlagworte
- Entstehungskontext
- Beteiligte
- Filminhalt
- Handlung
- Figuren
- Gesellschaftsbild
- Ästhetik und Gestaltung
- Strategien der Authentizitätskonstruktion
- Rezeption
- Reichweite
- Rezensionen
- Auszeichnungen
- Einordnung in den Erinnerungsdiskurs
-
Empfehlung der Autorin
Entstehungskontext
Beteiligte
Ute Wieland wurde 1957 in Großbottwar bei Stuttgart geboren. Im Presseheft sagt die Regisseurin, dass sie sich an Agenten- und DEFA-Filme orientiert habe. Dass ein gemischtes Ost-West-Team entstanden sei, habe sie nicht beabsichtigt.
Christian Jeltsch, geboren 1958 in Köln, und Monika Peetz, geboren 1963, haben im Westen studiert und sagen selbst, dass sie die 1960er nur am Rande mitbekommen, aber viel recherchiert und Menschen befragt hätten (Presseheft zum Film).
Susanne Freyer wurde 1964 in Zweibrücken geboren. Als Mitproduzentin war sie unter anderem an Einfach raus (1999) und Das schweigende Klassenzimmer (2018) beteiligt. Das Kernteam hat bereits beim ZDF-Dreiteiler Die Rebellin (2009) zusammengearbeitet, der die 1950er Jahre in der Bundesrepublik fokussiert und die DDR nur am Rande erwähnt. Alle Beteiligten hatten aber Erfahrung mit geschichtlich-fiktionalen Stoffen (Presseheft zum Film). Die Produktionsfirma neue deutsche Filmgesellschaft (ndF) hat sich auf abendfüllende Fernsehfilme in Deutschlands Lieblingsgenre spezialisiert: Man dreht Krimis.
Deckname Luna ist eine ZDF-Auftragsproduktion. Das Budget wurde nicht veröffentlicht.
Es gibt einen Trailer und ein Presseportal. Das DVD-Cover zeigt die wichtigsten Figuren und einen Raketenwerfer.
Filminhalt
Handlung
1961. Professor Arthur Noswitz flieht aus Sibirien in die BRD, wo er nicht mehr den Sowjets beim Wettlauf ins All hilft, sondern den USA. Noswitz ist ein renommierter Raketenwissenschaftler. Das weiß auch die Stasi. Der Geheimdienst rekrutiert seine Enkelin Lotte und nutzt dabei eine Fluchtgeschichte. Lotte wollte eigentlich selbst ins All fliegen, war aber nach dem Mauerbau so enttäuscht, dass sie sich erst einer Oppositionsgruppe anschloss und dann mithilfe ihres Bruders Kurt in den Westen floh. Die Stasi (Major Julius Moll) verspricht Lotte, Kurt in der DDR freizulassen, wenn sie Informationen über den Opa liefert. Sie wird zur Spionin „Luna“, heiratet einen von Opas Leuten und liefert. Für Lotte interessiert sich aber auch der Bundesnachrichtendienst (BND). Auch der Westgeheimdienst nutzt die Liebe zu ihrem Bruder und bittet sie, den größten Spion im Team zu fassen („Kosmos“). Am Schluss sind die Geschwister vereint, Opa stirbt im Namen des Friedens auf der Welt und der Film endet mit den Worten: „Vom Mond aus gibt es kein Ost oder West“.
Zentrale Figuren
Lotte Reinhardt (Anna Maria Mühe) – die 21-Jährige ist zu Tode gelangweilt von ihrem Job als Schweißerin in einer Werft, träumt von einer Karriere als Kosmonautin und davon, eines Tages auf dem Mond zu landen. Sie ist überzeugte Sozialistin, bis ihr die Berliner Mauer einen persönlichen Schlag versetzt. Sie engagiert sich für das, woran sie glaubt, druckt und verteilt zusammen mit ihrem Bruder Kurt Flugblätter und arbeitet hart für das, was sie will (Fallschirmspringer-Ausbildung). Muss sich später zwischen Großvater und Zwillingsbruder entscheiden. Sie ist nicht gern Spionin, will aber dem Bruder helfen. Sie lernt Englisch und wird so im Team des Großvaters unersetzlich. Lotte lässt sich weder von der Stasi noch vom BND einschüchtern.
Julius Moll (Heino Ferch) – der Stasi-Major ist mysteriös und etwas skurril. Er hat die Fähigkeit, Menschen sofort zu durchschauen, und nutzt das für seine Karriere. Gleichzeitig ist er beeindruckt von Lotte („Luna“). Molls Überzeugung: Die Welt ist zweigeteilt. Es gibt dabei kein „gute“ oder „böse“ Seite, aber man muss sich früher oder später entscheiden, auf welcher Seite man steht.
Arthur Noswitz (Götz George) – der Professor ist die direkte Verbindung zwischen Ost und West. Aus der Sowjetunion in die BRD geflüchtet und dort mit offenen Armen empfangen, um die Mondlandung voranzutreiben. Dabei ist Noswitz ein Doppelagent („Kosmos“). Er glaubt, dass ein Krieg vermieden werden kann, wenn alle die gleichen Informationen haben. Seine Familie ist ihm einerseits wichtig, andererseits aber bleibt er in der BRD und hält sich von seinen Leuten in der DDR fern.
Oskar Herrmann (Maxim Mehmet) – ein junger Ingenieur, der für sein Fach brennt. Er vertraut den Menschen, erkennt aber irgendwann Lottes Geheimnis und schlägt ihr vor, sich an den BND zu wenden. Das zeigt: Er weiß, wer der Gute in der Geschichte ist.
Kurt Reinhardt (Ludwig Trepte) – Lottes Zwillingsbruder, der für Schwester und Überzeugungen geradesteht. Er engagiert sich für eine friedliche und freie DDR und muss viele Jahre in Stasi-Gewahrsam verbringen.
Elisabeth Reinhardt (Kirsten Block) – Lottes Tante. Betreibt einen Friseursalon in Augsburg. Baut eine Liebesbeziehung zu Major Moll auf, ohne zu verstehen, wen sie vor sich hat.
Gesellschaftsbild
In Deckname Luna wirken beide deutsche Staaten bedrohlich. In der DDR werden Lottes Eltern selbst dann noch von Funktionären drangsaliert, als ihre Tochter längst im Westen ist. Man verlangt, das Kind abzuerkennen. Als der Vater sich weigert, verliert er seine Stelle als Betriebsarzt. Stasi-Offizier Julius Moll verfolgt die Mutter bis auf den Friedhof. Der lange Arm des DDR-Geheimdienstes reicht bis in die Bundesrepublik. Dort ist die Stasi aber nicht allein. Auch der BND ist präsent und der KGB sowieso. Die Filmgesellschaft scheint vollständig infiltriert. Die Beteiligten werden zu jeder Zeit und in allen Situationen fotografiert und aufgenommen. Das Leben in Ute Wielands Deutschland wird durchgehend überwacht und kontrolliert, egal auf welcher Seite man sich befindet. Im Presseheft sagt die Regisseurin: „Die Fronten verschwimmen, die Feinde sind weich, menschlich – und überall. Das Böse hat ein freundliches Gesicht, ist banal-alltäglich und will stets das Gerechte, Gute.“
Ästhetik und Gestaltung
Deckname Luna vertauscht die üblichen Bilder aus Ost und West: Während die DDR in warmen Farben gezeichnet wird, ist die Bundesrepublik bläulich, kalt und klar. Selbst die Räume der Stasi wirken zunächst warm und freundlich. Die Split-Screens erinnern an Agentenfilme aus den 1960er Jahren.
Authentizität
Strategien der Authentizitätskonstruktion
Die Beteiligten haben vor der Ausstrahlung nahezu gebetsmühlenartig auf den Rechercheaufwand hingewiesen. Das spiegelt sich sowohl im Presseheft zum Film als auch in der entsprechenden Meldung der Deutschen Presse-Agentur, die zum Beispiel im Focus oder im Stern aufgegriffen wurde. Investiert wurde vor allem in die Kostüme und in das Szenenbild. Der Wechsel zwischen Monochrom und Farbe vermittelt das Gefühl, die Fiktion werde in dokumentarischen Bildern aufgefangen.
Hauptdarstellerin Anna Maria Mühe (Lotte Reinhardt) wurde 1985 in der DDR-Hauptstadt geboren. Ihre Eltern Jenny Gröllmann und Ulrich Mühe führten später eine „erbitterte Auseinandersetzung um die Stasi-Akten, die eine IM-Tätigkeit von Jenny Gröllmann belegen sollten“. Zum Film-Promotion-Gespräch mit der Berliner Zeitung hatte Anna Maria Mühe deshalb eine PR-Beraterin dabei, die alle Fragen zum Thema DDR unterband.
Rezeption
Reichweite
Ausgestrahlt wurde der Zweiteiler am 5. und 8. November 2015 im ZDF. Die Publikumsgröße fiel dabei etwas: von 3,92 Millionen auf 3,79 Millionen. Inzwischen gibt es den Film auf DVD.
Rezensionen
Die Reaktionen der wichtigsten Medien waren gemischt. Immerhin: Der Zweiteiler hat Aufmerksamkeit bekommen. Christian Buß sprach im Spiegel von einem „irre gut fabulierten Melodram“. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lobte Uwe Ebbinghaus den Schnitt (Split-Screen) und das Ensemble, das kleinere dramaturgische Fehler verzeihen lasse. Beate Strobel fand den Spionage-Thriller im Focus dagegen eher „lauwarm“. Statt viele Erzählstränge zu verweben (was bei öffentlich-rechtlichen Produktionen erstaunlich oft passiert), hätte sich das Team lieber auf eine einzige Geschichte konzentrieren sollen. Julian Miller lobte im Quotenmeter die Starbesetzung, moniert aber Länge und Dramaturgie (wirr). Rainer Tittelbach wiederum fand die Länge angemessen (mit Blick auf Stoffmenge, Intrigen und Geheimnisse). Der Film sei spannend und lohne auch wegen der Schnitttechnik.
Auszeichnungen
Der Film wurde beim Filmfest München und beim Grimme-Preis nominiert.
Erinnerungsdiskurs
Deckname Luna ist in dieser Hinsicht ein kurioser Fall. Einerseits bedient der Film wie so häufig das Stasi-Narrativ und zeichnet so zumindest politisch ein negatives DDR-Bild. Andererseits kommt die BRD hier nicht besser weg. Mehr noch: Farbgebung und Schnitt heben die DDR positiv von der BRD ab. Die Figuren haben wenig Spielraum und vermitteln das Gefühl, dass die ganze Welt ein Ort des Verrats und der Spionage sei.
Empfehlung
Empfehlung der Autorin
Ich habe den Film mit meiner (zugegebenermaßen skeptischen) Familie geschaut. Nach dem ersten Teil waren alle auf die Fortsetzung gespannt. Das Commitment ist zwar groß (vier Stunden), aber wir fühlten uns gut unterhalten. Insbesondere Fans des Agentenfilmgenres sollten hier auf ihre Kosten kommen. Der Film eignet sich auch für einen gemütlichen Familienabend.
Empfohlene Zitierweise