Masserberg

Kurzinformationen

Filmdaten

Titel
Masserberg
Erscheinungsjahr
2010
Produktionsland
Originalsprachen
Länge
88 Minuten

Kurzbeschreibung

Melanie Tauber, Patientin der Augenklinik Masserberg, verliebt sich in den verheirateten Arzt Carlo Sanchez, der ihre Gefühle zu erwidern beginnt. Doch Carlo soll sie für die Stasi ausspionieren und in Masserberg will man sie nicht richtig behandeln. Ein spannendes Melodrama mit Liebe, Freiheit, Leben, Tod, Flucht, Stasi und dem Gesundheitssystem der DDR.

Schlagworte

Zeit
Schauplatz
Genre

Entstehungskontext

Beteiligte

Regie

Der Regisseur Martin Enlen wurde 1960 in Frankfurt am Main geboren und studierte von 1986 bis 1992 an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Martin Enlen wurde für seine Werke mehrfach nominiert, darunter eine Oscarnominierung als „Bester Studentenfilm“ und eine Auszeichnung beim New York Film Festival für seinen Abschlussfilm. Auch für den Grimme-Preis wurde er nominiert und gewann den Publikumspreis des Deutschen Fernsehkrimipreises sowie den Publikumspreis auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen. Martin Enlen gilt „als Spezialist für sensible Stoffe unterschiedlichster Genres“ (Das Erste). Er hat keinerlei persönlichen Bezug zur DDR. Mit Masserberg beschäftigt er sich das erste Mal künstlerisch mit der DDR.

Drehbuch

Der Drehbuchautor Jürgen Werner wurde 1963 in Stuttgart geboren. Während seines Studiums der Luft- und Raumfahrttechnik arbeitete er in einer Buchhandlung und kam dort erstmals mit dem Schreiben in Berührung. Er hat keinerlei persönlichen Bezug zur DDR. Die meisten Drehbücher schreibt er für Fernsehsehserien wie Tatort (seit 1970), Das Traumschiff (seit 1981), Forsthaus Falkenau (1989-2013) und Der Bozen-Krimi (seit 2015). Er wird als Quotenkönig unter den Drehbuchautoren bezeichnet (Osnabrücker Zeitung).

Vorlage

Bei Masserberg handelt es sich um die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Else Buschheuer, der 2001 erschienen ist. Die Autorin wurde am 12. Dezember 1965 in Eilenburg in Sachsen als Sabine Knoll geboren und war in ihrer Jugend Patientin in der Augenklinik in Masserberg. Else Buschheuer ist Schriftstellerin, Journalistin und Fernsehmoderatorin. Masserberg ist kein autobiografischer Roman, lediglich „die Krankheit stimmt, das Land stimmt, der Rest ist weitgehend fiktiv", wie Else Buschheuer verdeutlichte (Welt). Damals sagten ihr die Ärzte, dass sie erblinden könnte, da die Autorin dies aber nicht wurde, dachte sie sich eine Heldin aus, die an ihrer Stelle blind wird (Tagesspiegel). In einem Interview mit Thomas Eckert und Joachim Huber vom Tagesspiegel erzählte die Autorin, dass es damals keinen kubanischen Arzt namens Carlo Sanchez gab. Masserberg war für Else Buschheuer „ein kleiner DDR-‚Zauberberg‘“, so ähnlich wie Thomas Manns Zauberberg und „ein weltentrücktes Niemandsland mit bizarren Typen, interessant klingenden Krankheiten und strikten Liegekuren“ (Tagesspiegel). Else Buschheuer sagte über den Film: „Dieser Film hat – und das nicht nur beim ersten Ansehen – bei mir viele Gefühle ausgelöst: Heulen, Lachen, manchmal hab ich mir die Hände vors Gesicht geschlagen. Ich bezweifle, dass es mein eigener Stoff war, der mich so hingerissen hat, es ist sind einzelne Bilder, die in die Netzhaut gehen“ (Tagesspiegel). Masserberg ist für Jenni Zykla von der Tageszeitung eine „traurige, fehlsichtige Arzt-Patientin-Stasi-Liebesgeschichte“ sowie „vergoren mit Buschheuers giftigem Humor“ und die Autorin „veräppelt hübsch ein langsam verschwindendes Ostdeutschland mit seinen Sprachen, Ritualen, Systemen“. Thomas Tuma vom Spiegel bewertet den Roman als „ein bisschen viel Orwell und Zauberberg-Attitüde“.

Produktion

Produktion: Matthias Esche

Masserberg wurde von der Bavaria Fernsehproduktion GmbH (heute Bavaria Fiction GmbH) produziert. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Bavaria Film GmbH, eines der führenden Produktions- und Dienstleistungsunternehmen in der deutschen Film- und Fernsehbranche. Der Film wurde im Auftrag von und in Koproduktion mit dem MDR, dem BR und der ARD Degeto für Das Erste produziert. Die Bavaria Fiction GmbH produziert fiktionale Formate wie beispielsweise den Tatort (seit 1997), Sturm der Liebe (seit 2005) oder Inga Lindström (seit 2003), aber auch historische Formate wie Das Boot (seit 2018), Brecht (2019), Freud (2020) oder Die Himmelsleiter – Sehnsucht nach morgen (2015) gehören zu ihrem Portfolio. Produzent von Masserberg ist Matthias Esche, der früher Geschäftsführer der Bavaria Film GmbH war. Der 1951 in Lübeck geborene Produzent hat eine Promotion im Fachbereich Geschichte (kino.de).

Finanzierung

Die Höhe der Produktionskosten, des von der Bavaria Fiction GmbH im Auftrag vom MDR, BR und der ARD Degeto produzierten Films ist nicht bekannt.

Werbung

Das Erste gab eine Pressemeldung zum Film heraus mit Informationen zum Inhalt, zu den Schauspieler*innen, dem Regisseur und der Romanautorin. Dort heißt es ebenfalls, dass der Film „in der Tradition der Filme des MDR [steht], die sich um die Darstellung der Geschichte von Menschen in der DDR bemühen“ (Das Erste). Auf der offiziellen Webseite der Gemeinde Masserberg wird über den Film berichtet und Bilder der Dreharbeiten gezeigt. In der Fernsehsendung MDR um 12 am 19. Mai 2010 wurde Else Buschheuer zum Film, zum Roman und zu ihrem Leben interviewt. Auch das Kulturmagazin artour vom MDR brachte am 6. Mai 2010 einen Beitrag heraus, mit Interviews mit Else Buschheuer und Anna Fischer, die Hintergründe zum Buch und zum Film lieferten.

Filminhalt

Handlung

ACHTUNG: Der folgende Text enthält Details, welche Ihnen die Spannung am beschriebenen Film verderben könnten.

Das Melodrama Masserberg spielt 1984 in der Augenklinik Masserberg in Thüringen. Die 19-jährige Patientin Melanie ‚Mel‘ Tauber leidet an einer schweren Augenkrankheit und sitzt mit vielen älteren augenkranken Frauen in der Klinik. Dem trostlosen und öden Klinikalltag trotzt sie mit auffälliger Kleidung und viel Schminke. Sie träumt von der Freiheit im Westen und schmiedet schon lange mit ihrem Bruder Pläne, mit einem Heißluftballon nach Westdeutschland zu flüchten.

Schon bald bekommt Melanie einen neuen Arzt zugewiesen, den verheirateten Carlo Sanchez aus Kuba. Die beiden nähern sich an und langsam entwickelt sich zwischen ihnen eine Affäre. Carlos Ehe beginnt zu kriseln und seine Frau Tinka erwartet ein Kind. Dank Carlo wird Mel von einem renommierten Professor untersucht, der einen Test anordnet, der allerdings vom Chefarzt nicht genehmigt wird. Dies trifft die junge Frau schwer. Eines Tages wird Carlo auf dem Heimweg von einem Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) der Stasi abgepasst, der ihn zu überreden versucht, Mel und ihre Freunde aus der Oppositionsbewegung auszuspionieren. Carlo und Mel, die mittlerweile schwanger ist, träumen allerdings schon von der gemeinsamen Zukunft im Westen. Später fliegen Mels Fluchtpläne auch noch auf und Carlo stirbt unerwartet, sodass für Mel eine Welt zusammenbricht. Kurz bevor sie sich, in einer emotionalen Situation nach Carlos Tod, für den Verrat ihrer Fluchtpläne an einer Mitpatientin rächen will, wird sie von ihren Freunden in einen Trabant gezerrt und sie flüchten an einer Baustelle einer Grenzanlage nach Westdeutschland. Am Ende kommt die inzwischen blinde Mel mit ihrem jugendlichen Sohn nach Masserberg und zeigt ihm wo er entstanden ist.

Zentrale Figuren

Melanie ‘Mel’ Tauber (Anna Fischer) – die 19-jährige Patientin der Augenklinik Masserberg leidet an einer schweren Augenkrankheit und droht blind zu werden. Sie kleidet sich auffällig und schminkt sich viel, um dem tristen Klinikalltag durch ihre Buntheit zu trotzen. Mel ist eine rebellische junge Frau, dies drückt sie nicht nur durch ihr Aussehen aus, sondern auch durch ihre Handlungen (Sie täuscht die Tabletteneinnahme vor) und ironische Aussagen. Von Masserberg hält sie nicht viel und äußert dies auch (auf die Frage, seit wann sich ihr Zustand verschlechtert hat, antwortet sie „Seit ich hier bin“). Sie ist überzeugt, dass man ihr in Masserberg nicht helfen kann, und will daher mit Freunden zusammen in den Westen flüchten, um dort eine bessere Behandlung zu bekommen. Mit den älteren Damen in ihrem Zimmer versteht sie sich gut, sie geben sich gegenseitig Halt und Mel zeigt viel Mitgefühl für sie. Sie muntert die Damen auf, lässt andere ihnen Komplimente machen oder übernimmt Dinge, die sie sich nicht trauen. Insgesamt ist Mel eine mutige, intelligente junge Frau, die sehr loyal ist, denn sie will ihre Freunde nicht verraten. Wird sie selbst verraten, verliert sie das Vertrauen in diese Person. Sie verliebt sich in den Arzt Carlo Sanchez, flirtet ungeniert und beginnt eine Affäre mit ihm. In ihm sieht sie einen Hoffnungsschimmer für eine bessere Behandlung. Als sie von ihm schwanger wird, träumt sie von einem Zusammenleben in Freiheit.

Carlo Sanchez (Pasquale Aleardi) – ist ein Arzt aus Kuba und wird der behandelnde Arzt von Mel. Er ist mit Tinka Sanchez verheiratet. Er sehnt sich nach Freiheit und Heimat und fühlt sich gefangen in den Strukturen der DDR. Allerdings möchte er gerne ausbrechen, besonders aus den Fängen der Stasi, die ihn Freunde verraten und andere ausspionieren lässt. Doch die Stasi hat ihn unter Kontrolle und Carlo muss um seine Existenz bangen, denn die Kooperationsunwilligkeit wird mit Gefängnis bestraft. Auch der Oberarzt macht ihm das Leben nicht leicht und unterdrückt ihn. Carlo fängt eine Affäre mit Mel an. Als diese von ihm schwanger wird, freut er sich sehr, im Gegensatz zu der Schwangerschaft seiner Frau Tinka. Er entfremdet sich Zusehens von Tinka und träumt stattdessen mit Mel von einem gemeinsamen Leben in Freiheit.

Tinka Sanchez (Maria Simon) – ist Carlos Ehefrau. Sie soll das Kreiskulturhaus leiten, worüber sie sich freut. Ihr Leben, dass sie sich aufgebaut hat, zerbricht allerdings Zusehens. Die Ehe beginnt zu kriseln, denn Carlo entfremdet sich von ihr, als er Mel kennenlernt. Als Tinka jedoch schwanger wird, freut sie sich sehr, da dies ihrer Ehe die Krone aufsetzt. Daher ist sie umso mehr enttäuscht, dass Carlo ihre Freude nicht teilt. Als sie dann noch das Kind verliert und keine Kinder mehr bekommen kann, ist sie nervlich am Ende. Mit der Zeit kommt sie der Affäre zwischen Carlo und Mel langsam auf die Schliche. Am Ende verliert sie nicht nur das Kind, sondern auch Carlo.

Gesellschaftsbild

Die Beziehung zwischen Ehepartnern (wie Carlo und Tinka) ist geprägt von der schwierigen Situation in der DDR. Sie wollen sich ein glückliches Leben aufbauen, doch dies ist nicht einfach, wenn die Kooperation mit der Stasi zur Belastung wird. Auch unterschiedliche Ansichten bezüglich des Verratens von Freunden stellen die Liebe auf eine harte Probe. Dadurch kann es passieren, dass sich Ehepartner auseinanderleben, einer eine Affäre anfängt, aber der andere an der Liebe festhalten will (Tinka weiß von der Affäre von Carlo, versucht aber, die Ehe zu retten). Leben sich die Partner auseinander ist die Versuchung groß, eine Affäre mit jemanden mit ähnlichen Einstellungen zu beginnen (Mel und Carlo wollen beide raus aus der DDR).

Im Mikrokosmos der Augenklinik Masserberg herrscht zwischen den meisten Patienten eine freundschaftliche Beziehung. Die Patienten unterstützen sich gegenseitig, halten zusammen, gehen fürsorglich miteinander um und geben sich Mut und Kraft. Neuen Patienten gegenüber sind die „alten Hasen“ anfangs skeptisch, doch es wird nach Gleichgesinnten gesucht.

Zwischen den Ärzten herrscht eine von Hierarchien geprägte Beziehung. Was der Oberarzt anordnet, wird getan, sonst müssen negative Konsequenzen befürchtet werden. Anordnungen von anderen Ärzten, seien sie auch noch so angesehen, werden untersagt, wenn sie nicht mit der Meinung des Oberarztes übereinstimmen (ein renommierter Professor ordnet einen Test für Mel an, den der Oberarzt nicht möchte). Insgesamt ist die soziale Ordnung sehr von Hierarchien geprägt, sei es unter den Ärzten oder zwischen den Führungsoffizieren der Stasi und ihren, ihnen untergeordneten, Spitzeln. Die Führungsoffiziere der Stasi haben ihre, zur Mitarbeit gezwungenen, Spitzel fest im Griff, sodass diese tun, was befohlen wird. Nur wer Folge leistet, kann sich in Sicherheit währen. Weigert sich jemand einen Auftrag zu erledigen (so wie Carlo), werden gekonnt die richtigen Hebel gedrückt, um das Ziel der Stasi zu erreichen. Meistens wird als Strafe eine Unterbringung in Bautzen angedroht. Die Führungsoffiziere der Stasi lauern ihren Spitzeln sogar vor der Haustür auf und dringen somit in das Privatleben ein.

Die meisten Menschen in der DDR sind mit dem System nicht glücklich, sie rebellieren oder passen sich aus Angst an. Eigentlich wollen sie aber raus aus der DDR oder zumindest aus dem Mikrokosmos Masserberg und in Freiheit leben, am liebsten im Westen. Dort erhoffen sich die Menschen ein besseres Leben, frei zu sein von Zwängen und gute Behandlungsmöglichkeiten für Krankheiten. Der Westen erscheint als Ideal der Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit.

Ästhetik und Gestaltung

Nach emotionalen Szenen mit Mel werden öfters weiße Blenden verwendet, um wieder in den tristen Klinikalltag überzuleiten. Die Farbgebung im Film ist in den Szenen in der Klinik eher blass, gräulich und nicht scharfgestochen, wohingegen die Szenen mit Mel, beispielsweise im Wald, bunt und tiefenscharf gestaltet sind. Als Mel eines morgens aufwacht und Schmerzen wegen ihrem erhöhten Augendruck hat, wird ihre Sicht verschwommen und undeutlich dargestellt, das Licht wirkt sehr grell und schrille Geräusche sind zuhören. Insgesamt kommt viel ruhige Musik zum Einsatz, vor allem Instrumentalmusik wie Klavierklänge oder Streichmusik.  Intensive und spannungsgeladene Szenen werden hingegen von dem Song Ohne dich (2004) von Rammstein begleitet. Bei Szenen, die im Wald außerhalb der Klinik spielen, ist lautes Vogelgezwitscher zu hören, das die Idylle verdeutlicht. Während einem angeregten Gespräch zwischen Carlo und seiner Frau Tinka wird das Ticken einer Uhr in den stillen Momenten der Auseinandersetzung lauter und macht die peinliche Stille klar. Auch als Carlo Sanchez vor seinen Vorgesetzten dem Führungsoffizier von der Stasi zusammenbricht und dieser nichts unternimmt, wird die Stille mit lautem Vogelzwitschern und dem Klopfen eines Spechtes dargestellt und die Szene aus der Entfernung gezeigt.

Authentizität

Strategien der Authentizitätskonstruktion

Der Film wurde an den Originalschauplätzen gedreht, in dem seit 2005 nicht mehr betriebenen Kurhaus der Augenklinik in Masserberg und in der Umgebung in Thüringen. Das „recht gut erhaltene Gebäude mit dem komplett erhaltenen Inventar“ diente als Drehort und zerfällt seitdem (Kurhaus Masserberg). Es wurden zudem auch zeitgemäße Requisiten verwendet wie ein Trabant, ein altes tragbares Radio oder Zigaretten der Marke Kenton. Auch die Kleidung stammt aus dem Fundus der Produktionsfirma (MDR). Dokumentarische Tonquellen wurden ebenfalls eingebaut, so beginnt der Film direkt mit einem Auszug aus der Rede von Erich Honecker zum 35. Jahrestag der DDR. Ebenso wird am Ende ein originell wirkender Nachrichtenbeitrag über die Bilder der Flucht gesprochen. Auch ein Radiobeitrag, der im Hintergrund läuft, wirkt authentisch.

 

© www.mekai.de

Die Ärzte aus der damaligen Zeit weigerten sich beratend mitzuarbeiten, was als „Zeichen für den Stand der Vergangenheitsbewältigung“ gesehen werden kann (WELT). Für die Besetzung wurden einige ostdeutsche Schauspieler gewählt, die auch schon in anderen Filmen über die DDR mitgespielt haben: Anna Fischer, Jürgen Heinrich, Maria Simon, Marion van de Kamp und Oliver Breite. Anna Fischer verriet in einem Interview mit Eric Leimann vom Weser Kurier, dass sie sich nicht auf die Rolle der Melanie Tauber vorbereitet und das Buch von Else Buschheuer ebenfalls nicht gelesen hat, da ihr der Regisseur Martin Enlen dies verboten hat. Martin Enlen wollte, dass sie nicht vorbelastet an die Rolle herangeht (Weser Kurier; TV SPIELFILM; Schwäbisches Tagblatt). Die Buchautorin Else Buschheuer war während der Dreharbeiten in Masserberg anwesend (TV SPIELFILM). In einem Interview mit dem Schwäbischen Tagblatt sagte Anna Fischer zur gezeigten DDR, dass „man für den Zuschauer etwas klarstellen [will]. Der Zuschauer soll verstehen, um was es da geht. Dass zum Beispiel Menschen ausspioniert wurden, dass Akten gehalten wurden, dass Gespräche geführt wurden über Menschen, dass ausgehorcht wurde“.

 

Rezeption

Reichweite

Masserberg lief das erste Mal am 19. Mai 2010 um 20:15 Uhr in der ARD (Quotenmeter). Insgesamt sahen an diesem Mittwochabend 3,48 Millionen Zuschauer*innen den Film, was einen Marktanteil von 11,2 Prozent ausmachte. Damit lag Masserberg zwar deutlich hinter der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY…ungelöst, die 6,46 Millionen Zuschauer*innen erreichte, hatte aber dennoch die zweithöchste Quote an dem Abend. Zudem wurde Masserberg am 17. Juni 2010 in Ludwigshafen beim Festival des deutschen Films aufgeführt.

Rezensionen

Masserberg wurde viel gelobt. Hannah Pilarczyk vom Spiegel meint, dass "die Mischung zwischen Liebes- und Krankendrama nicht auf[geht]. Dafür entwickelt [der Film] einen sehenswerten Zugriff auf die DDR-Vergangenheit“. Der neue erzählerische Umgang mit der DDR sei laut Pilarczyk der interessanteste Aspekt an Masserberg und mache ihn dadurch sehenswert. Peter Zander von der WELT lobt, dass „das Ganze […] ohne mahnenden Gestus und ohne überlegenes Wissen um die spätere Historie erzählt [wird] und […] weitestgehend ohne Klischees aus[kommt]. Ein Film, der deshalb auch im metaphorischen Sinne ins Auge sticht“. Der Journalist und Fernsehkritiker Rainer Tittelbach äußerte sich positiv über Masserberg. Der Film sei „ästhetisch hoch konzentriert“ und gewinne „in seiner kleinen Form eine große emotionale Kraft“ (tittelbach.tv).

Allerdings musste der Film auch Kritik einstecken. Das Liebesdrama besitze keine starke emotionale Tiefe, die Liebesgeschichte wirke wie ein Stückwerk und der Entwicklung der Charaktere mangele es an Psychologisierung, kritisiert Hannah Pilarczyk vom Spiegel. Ihr werde eine zu hohe Anzahl an Personen gezeigt, die „wenig detailliert gezeichnet“ sind, und Vorgeschichten werden nicht erklärt (Spiegel). Der Spiegel lässt verlauten, dass Jürgen Werner und Martin Enlen in Masserberg versuchen, „das Thema Stasi mit den Mitteln des Trivialfernsehens vorzuführen“. Außerdem sei die Aufmachung, die eines „Ärzteroman aus der Vorwendezeit“, bei der hübsches Mädchen krank wird und ein verheirateter Arzt, in den sie sich natürlich verliebt, um ihr Augenlicht kämpft und tragischerweise stirbt, als Strafe für das Verhältnis zu zwei Frauen (Spiegel). Masserberg – ein Film „zwischen Gefühlsdrama und Geschichtsbild“ – erzählt den Alltag ohne die didaktische Erläuterung der großen Unfreiheit ringsum und hat zu oft unentschlossene Szenen (FILMDIENST).

Auszeichnungen

Preis

Kategorie

Jahr

Art

Festival des deutschen Films in Ludwigshafen

Filmkunst-Sonderpreis Herausragende Fernsehfilme

2010

Nominierung

Deutscher Kamerapreis

Fernsehfilm/Dokudrama (Philipp Timme)

2010

Nominierung

Hessischer Film- und Kinopreis

Beste Hauptdarstellerin (Anna Fischer)

2010

Nominierung

 

Erinnerungsdiskurs

Masserberg zeigt eine DDR, die geprägt ist von der Allmacht der Stasi, die über jedes private Detail der Bürger Bescheid weiß und ihre Spitzel beherrscht, zur Arbeit nötigt und erpresst unter Androhung von Strafmaßnahmen. So wird die DDR als Überwachungsstaat dargestellt. Ebenso rückt der Film das Gesundheitswesen in den Mittelpunkt. In diesem wollen die willkürlich handelnden Ärzte die Patienten nicht heilen und verweigern ihnen notwendige Behandlungsmethoden, selbst wenn sie von externen Experten angeordnet wurden. Dadurch müssten die Ärzte ihre Fehler eingestehen, die hätten vermieden und die Patienten so geheilt werden können. Stattdessen werden die bisherigen Behandlungsmethoden weitergeführt, die keine Besserung bringen und so können sie ihre Patienten länger in der Klinik halten und so auch von anderen beobachtet werden.

Auf dem Thema DDR lag lange ein Ballast. Hannah Pilarczyk stellt Vermutungen an, wann dieser Ballast abfiel, ob es schon nach Das Leben der Anderen (2006) oder erst bei Die Frau vom Checkpoint Charlie (2007) war, aber spätestens jetzt sei die Zeit gekommen (Spiegel). Masserberg fällt in eben diese Zeit, in der die Freiheit herrscht, die Geschichten aus der DDR eher aus filmischer und dramaturgischer Sicht zu sehen und mehr von den Figuren aus zu denken, denn „der Abgesang auf das Honecker-Regime ist […] deutlich genug intoniert worden“ (Spiegel). Es besteht „keine Bringschuld, immer wieder die große Systemkritik am Sozialismus zu liefern“, denn die wurde schon die Jahre zuvor genug gebracht (Spiegel). Rainer Tittelbach sieht die Tatsache ähnlich und meint, dass „20 Jahre nach der Wiedervereinigung […] die Zeit reif zu sein [scheint], die DDR-Historie auch im Fernsehfilm zu öffnen für den subjektiv erfahrenen Alltag und für universal wahre Geschichten“ (tittelbach.tv). Er betont, dass Masserberg „einen Beitrag […] zur Normalisierung deutscher Geschichte und deutscher Geschichten [leistet]“ (tittelbach.tv). Der Umgang mit der DDR-Vergangenheit wird ebenfalls von Hannah Pilarczyk vom Spiegel gelobt. Sie erkennt den andersartigen Zugang zur DDR-Vergangenheit an, bei dem der Sozialismus nur eine Kulisse abgibt und trotzdem die Aspekte des Überwachungsstaat DDR herausgearbeitet werden (Spiegel). Somit reiht sich der Spionageaspekt in den hegemonialen Diktaturdiskurs ein. Die Augenklinik Masserberg „lässt sich als Parabel auf die DDR verstehen“ und mit der DDR-Vergangenheit geht der Film nicht unkritisch um (tittelbach.tv).

Empfehlung

Empfehlung der Autorin

Masserberg ist zwar kein besonders herausragender Film mit einem spannenden Liebes- und Krankendrama, bietet allerdings einen interessanten Blick auf die DDR-Vergangenheit im speziellen Kontext des Gesundheitssystems mit Aspekten wie Überwachung, Unterdrückung, Unfreiheit und Flucht.

Empfohlene Zitierweise

Masserberg. In: Daria Gordeeva, Michael Meyen (Hrsg.): DDR im Film 2023, https://ddr-im-film.de/de/film/masserberg