Wie Feuer und Flamme

Kurzinformationen

Filmdaten

Titel
Wie Feuer und Flamme
Erscheinungsjahr
2001
Produktionsland
Originalsprachen
Länge
94 Minuten

Kurzbeschreibung

Nele fährt 1982 zu der Beerdigung ihrer unbekannten Oma von West- nach Ostberlin. Sie trifft den rebellischen Punk Captain. Beide verlieben sich, werden durch die Stasi getrennt und finden nach dem Mauerfall nach langer Suche wieder zusammen.

Schlagworte

Zeit
Schauplatz

Entstehungskontext

Beteiligte

Regie

Für Connie Walther, geboren 1962 in Darmstadt, war Wie Feuer und Flamme der Debütfilm nach einem Regie-Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Sie war auch am Drehbuch beteiligt. Ein zweiter DDR-Film von Walther: 12 heißt: Ich liebe dich (2007).

Drehbuch

Natja Brunckhorst, geboren 1966 in West-Berlin, sagte dem Spiegel, dass der Film eine Geschichte erzählt, die ihr ganz ähnlich selbst passiert sei.

Produktion

Der Film wurde im Auftrag des ZDF von X Filme Creative Pool produziert. Die Firma wurde in 1994 in Berlin gegründet und hat unter anderem Good bye, Lenin! (2003) und Der Rote Kakadu (2006) produziert.

Finanzierung

Wie Feuer und Flamme wurde vom ZDF und aus mehreren öffentlichen Fördertöpfen unterstützt. Das Gesamtbudget lag bei über 2,5 Millionen Euro.

Förderer & Förderzweck

Fördersumme

FFA: Referenzfilmmittel (2001)

294.000 DM

FFA: Projektfilmmittel (2001)

750.000 DM

FFA: Absatzfördermittel (2001)

250.000 DM

Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien (2001)

500.000 DM

FFF Bayern: Produktionsförderung (2001)

300.000 DM

Filmboard Berlin Brandenburg: Produktionsförderung (2001)

1.650.000 DM

Werbung

Es gibt einen Trailer,  ein Filmplakat, eine Website sowie Unterrichtsmaterialien (ein Interview mit Connie Walther, ein Meinungsstück und einen Artikel zum Thema Punk in der DDR). Auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat ein Heft herausgegeben, das auf inhaltliche, geschichtliche, politische und medientypische Aspekte eingeht und offenbar für ein junges Publikum gedacht ist. Der Bundesverband Jugend und Film verleiht Kopien an Mitglieder (Lehrende).

Filminhalt

Handlung

Die Geschichte beginnt 1989 in New York City. Eine junge Frau, Nele, arbeitet bei einem Logistik-Unternehmen und sieht im Fernsehen, wie die Berliner Mauer fällt. Dann springt die Handlung zurück in das Jahr 1982: Nele (17), deren Vater aus der DDR geflüchtet ist, fährt auf die andere Seite der Mauer, um bei der Beerdigung ihrer Oma dabei zu sein. Sie trifft eine Gruppe Punks und lernt Captain kennen, der ihr vorwirft, als „Wessi“ keine Ahnung zu haben. Er lädt sie zu einem Konzert in der Zionskirche ein und sie tauschen Telefonnummern.

Nele unterstützt die Gruppe dabei, ein Video über die Punkszene in der DDR zu drehen, das sie in den Westen schmuggelt und einem ZDF-Reporter übergibt. Dort werden die Jugendlichen als aggressive Neo-Faschisten gezeigt. Bei einer Demonstration gegen diese Darstellung werden einige von ihnen verhaftet, darunter auch Nele, die aber nach Hause darf. Captain und seine Freunde werden dagegen von der Stasi terrorisiert. Nele gibt ihre Liebe nicht auf, obwohl ihr Captains Vater sagt, der Junge sei tot. Nach dem Mauerfall können sich beide in die Arme fallen.

Zentrale Figuren

Nele (Penelope) Kaufmann (Anna Bertheau) ist 16 und wohlbehütet in West-Berlin aufgewachsen. Ihr Vater ist zwar aus der DDR, sie interessiert sich aber nicht für den Osten, sondern für die USA und für Partys. Nele kämpft später für ihre Liebe zu Captain, obwohl sie Respekt vor dem Machtapparat der DDR hat.

Captain (Antonio Wannek) ist 17 und ein Punk in der DDR. Er ist auffällig gekleidet, hört laute Musik und sticht in einem System heraus, das alle gleich machen will. Er ist rebellisch, selbstsicher und feiert selbst die Erniedrigung als Triumph, als die Stasi seine Hose nach einem Verhör konfisziert und er in Unterwäsche nach Hause laufen muss. Captain ist treu und hat Vertrauen in seine Freunde und insbesondere in Nele, obwohl er sie noch nicht sehr lange und gut kennt.

Gesellschaftsbild

Wie Feuer und Flamme zeigt zwei DDR-Gesellschaften: die, die mitmachen, und die, die rebellieren. Die Punks sind laut und auffällig, sie sprechen von Veränderung, Freiheit und Vielfalt. Sie kritisieren das System, zum Beispiel in den Gesprächen mit Nele oder in einem Song, den sie in der Kirche spielen: „Ist das nicht ein großer Staat, wo jeder seine Meinung hat. Ist das nicht ein großer Staat, wo jeder seine Freiheit hat.“ Dafür werden die Jugendlichen von der Stasi verfolgt und terrorisiert. Sie erzählen von Verhaftungen, von den Schwierigkeiten, einen Job oder einen Studienplatz zu bekommen und von Zukunftschancen, die ihnen das System verbaut.

Der Rest der Gesellschaft ordnet sich ein und unter. Captains Eltern verstehen die Subkultur nicht. Mehr noch: Sie verabscheuen sie und schämen sich dafür. Captains Vater erklärt seinen Sohn sogar für tot, als er verurteilt wird.

Die BRD wirkt in diesem Film wie ein überluxuriöses und ignorantes Gegenbild. Familie Kaufmann hat ein Telefon und Nele die Aussicht, in die USA für einen Schüleraustausch zu gehen. Die Wohnung ist groß und gut ausgestattet. Gleichzeitig wirken die Familienmitglieder distanziert. Der Vater bekommt nicht einmal mit, dass seine Tochter auf der anderen Seite der Mauer übernachtet hat.

Ästhetik und Gestaltung

Der Film hat einen starken und aussagekräftigen Soundtrack: Punk-Musik sowie prägende Stücke der 1980er Jahre. Da der Film von 2001 ist, ist die Qualität der Aufnahmen etwas veraltet, aber es wird dennoch mit Kontrasten und Farbe gespielt. Die Farbgebung der DDR ist gedeckt und wirkt kälter und bläulich. Insbesondere die Räumlichkeiten der Stasi und Szenen mit Geheimdienstleuten sind grau und trüb. Die BRD dagegen wirkt freundlich und vielfältiger. Wir sehen eine Disko, Neles Wohnung und das Dach über der Wohnung, wo sie mit ihrer Freundin Anya Sonne tankt. Schnelle Schnitte und die Musik machen den Film lebendig und lassen keine Sekunde Langeweile aufkommen.

Authentizität

Strategien der Authentizitätskonstruktion

Wie Feuer und Flamme lebt von dem Versuch, Authentizität zu erzeugen. Die Drehbuchautorin hat dem Spiegel erzählt, dass einige der Schauplätze bereits abgerissen waren und dass es schwierig gewesen sei, die Szenerie nachzubauen. Vor der Zionskirche konnte gedreht werden. Die Grenzübergänge wurden in der Leichenhalle des Krematoriums Wilmersdorf nachgebaut, da dort die Kacheln so aussehen wie früher. Die Kostüme folgen dem Rat eines „echten“ Punks von damals (Michael Kobs). Die Stars haben mit Punks gesprochen (Kinoweb). Selbst für die Musikauswahl gab es Beratung (Hagen Liebing, Ex-Bassist der Ärzte).

Rezeption

Reichweite

Wie Feuer und Flamme wurde am 14. Juni 2001 ins Kino gebracht und hat 2001 und 2002 insgesamt 374.732 Tickets verkauft.

Rezensionen

Bei den Kritikern scheiden sich die Geister. Die eine Seite moniert die Dramaturgie und den Versuch der Regisseurin, zu viel hineinzupacken: „Der Film will zu viel und kann zu wenig“, schrieb Olaf Scheel (Paderkino). Und Frank-Michael Helmke (Filmszene): „Unentschlossen pendelt Walther zwischen aussagekräftigem Realismus und zielgruppenfreundlicher Verklärtheit und erreicht so letztlich alle ein bißchen, aber niemand so richtig.“

Andere sprachen von einem positiven Beispiel für das deutsche Kino: überzeugende und ästhetisch einfallsreich umgesetzte deutsch-deutsche Liebesgeschichte aus dem geteilten Berlin“ (Holger Twele, KJK). Und: „Ein Zeitthema, filmisch ansprechend umgesetzt, mit exzellenten Darstellern bis in die kleinste Rolle, einem guten Soundtrack“ (Heinz Holzapfel, Choices). Spannend ist auch, dass ein Punk aus der DDR den Plot bestätigt: „Hier werden Dinge erzählt, die ich genau so oder so ähnlich erlebt habe.“ (Thomas Hönel)

Die taz zweifelte genau das an: „Ja, so waren sie, die Kids der Mauer-Ära, haben jeden Tag der Stasi in den Arsch getreten. Ein Politdrama ist der Film trotzdem nicht, ein Musikfilm auch nicht, eine etwas klebrige Liebesgeschichte schon, ein schönes Märchen eben.“ Noch einmal Frank-Michael Helmke (Filmszene): „Nicht so schnell in Vergessenheit zu geraten. Denn reden kann man noch lange über ihn.“

Auszeichnungen

Erinnerungsdiskurs

Der Film zeigt eine DDR, die ihrer Jugend wenig Raum gibt, und eine Gegenbewegung, die rebellisch, laut und auffällig ist und sich nicht (mehr) einschränken lässt. Die Liebe von Nele und Captain leidet unter der Stasi. Die Film-DDR ist starr, unbarmherzig, kalt. Wie Feuer und Flamme bedient damit das Diktaturgedächtnis. Erlösung bringt erst der Mauerfall.

Empfehlung

Empfehlung der Autorin

Wer Teenie-Liebesgeschichten mag, wird diesem Film einiges abgewinnen. In meinen Augen gut für eine jüngere Zielgruppe, um über die DDR ins Gespräch zu kommen. Leider war beim Stream die Tonqualität so schlecht, dass ich nicht alle Dialoge mitbekommen habe. In jedem Fall gelungen sind die Darstellung der Punkszene und die Musikauswahl.

Empfohlene Zitierweise

Wie Feuer und Flamme. In: Daria Gordeeva, Michael Meyen (Hrsg.): DDR im Film 2023, https://ddr-im-film.de/de/film/wie-feuer-und-flamme