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Studiocanal GmbH/Julia Terjung

Das schweigende Klassenzimmer

Kurzinformationen

Filmdaten

Titel
Das schweigende Klassenzimmer
Erscheinungsjahr
2018
Produktionsland
Originalsprachen
Länge
111 Minuten

Kurzbeschreibung

Ein Kinofilm über eine Abiturklasse, die 1956 mit einer Schweigeminute den Opfern des Ungarn-Aufstands gedenkt – nach einer wahren Begebenheit. Der Protest wird als Konterrevolution gewertet. Da den Jugendlichen in der DDR eine akademische Laufbahn verwehrt bleibt, gehen sie gemeinsam in den Westen.

Schlagworte

Zeit
Genre

Entstehungskontext

Beteiligte

Regie und Drehbuch

Lars Kraume ist 1973 geboren und in Frankfurt am Main aufgewachsen. Er studierte an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin. Sein preisgekrönter Film Der Staat gegen Fritz Bauer (2015) rückte das westliche Nachkriegsdeutschland der 1950er Jahre in den Fokus. Das schweigende Klassenzimmer (Kraumes erster DDR-Film) spielt in der gleichen Zeit, diesmal jedoch mit einer Abiturklasse im Osten. Der Regisseur sagte in der Zeit, dass ihn an den Nachkriegsjahren vor allem die subtilen Aufarbeitungsprozesse faszinieren. Er habe vorher keine Ahnung gehabt, „wie sich das System in der DDR formierte und wie es tatsächlich funktionierte“. Anregungen für das Drehbuch lieferten auch DEFA-Filme wie Karla (1965/1990), Spur der Steine (1966) und Berlin – Ecke Schönhauser (1957).

Vorlage

Als Grundlage für das Drehbuch diente das gleichnamige Buch von Dietrich Garstka aus dem Jahr 2007. Garstka war einer der Schüler, die 1956 wegen einer Schweigeminute für die Opfer des Ungarn-Aufstands von DDR-Funktionären zu Staatsfeinden erklärt wurden. Da er keine Möglichkeit mehr hatte, sein Abitur in der DDR zu machen, ist er in den Westen gegangen. Garstka sagte dem Spiegel schon 1996, dass die Flucht „die Haltung des erhobenen Hauptes angesichts der dumpf instrumentalisierten Macht gewesen“ sei und „das Leben im Westen ein Geschenk.“ Sein Buch gleiche einer Materialsammlung mit subjektiven Erinnerungen, Interviews und Zeitdokumenten. Lars Kraume hat das Ganze aufgepeppt und dramatisiert – etwa durch neue Charaktere wie Edgar oder Erik.

Produktion

Das schweigende Klassenzimmer ist eine Produktion der Akzente Film & Fernsehproduktion. Verantwortlich waren Miriam Düssel und Susanne Freyer – für beide die erste Kino-Produktion zur DDR-Thematik. Freyer war allerdings an zwei entsprechenden Fernsehfilmen beteiligt: beim zweiteiligen Spionagedrama Deckname Luna (2012), bei dem es um den Wettlauf zum Mond geht, und beim Film Einfach raus (1999), der Geschichten rund um die Öffnung der ungarisch-österreichischen Grenze im Sommer 1989 erzählt.

Finanzierung

Produktion und Verleih wurden mit öffentlichen Mitteln gefördert. Die Fördersumme lag bei über zwei Millionen Euro.

Produktionsförderung

Mitteldeutsche Medienförderung (2015)

400.000 Euro

FilmFernsehFonds Bayern (2016)

200.000 Euro

Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (2017)

100.000 Euro

Verleih- und Vertriebsförderung

FilmFernsehFonds Bayern (2017)

60.000 Euro

Filmförderungsanstalt (2018)

200.000 Euro

German Films (2018)

101.290 Euro

Medienboard Berlin-Brandenburg (2018)

80.000 Euro

Weitere Förderentscheidungen

Deutscher Filmförderfonds (2017)

747.200 Euro (Projektfilmförderung)

Filmförderungsanstalt (2018)

300.000 Euro (Medialeistungen)

Werbung

Das Filmplakat zeigt die Schulklasse mit roten Linien vor dem Mund. Der Trailer griff diese Symbolik ebenfalls auf. Es gab ein Pressedossier und ein pädagogisches Filmheft, das in Zusammenarbeit von Vision Kino und StudioCanal entstand und für Schüler ab der neunten Klasse gedacht ist. Das Heft soll zur Demokratieerziehung genutzt werden (Meinungsbildung, Solidarität, Ohnmachtsgefühle). Außerdem kann man eine Materialsammlung des Goethe-Instituts und das Drehbuch (Klett-Verlag) kaufen.

Filminhalt

Handlung

Das schweigende Klassenzimmer dreht sich um die Schweigeminute einer Abiturklasse in Stalinstadt im Jahr 1956. Die beiden Freunde Kurt und Theo erfahren bei einem Kinobesuch im Westen vom Volksaufstand in Ungarn. Sie beschließen, an die Opfer zu erinnern. Aus Angst vor Konsequenzen entscheidet sich die Klasse, den Grund der Aktion nicht zu nennen. Die Schule reagiert trotzdem und holt immer höhere politische Funktionäre zur Klärung. Die Schweigeminute wird als konterrevolutionäre Aktion gedeutet. Um den Rädelsführer zu finden, werden die Schüler einzeln unter Druck gesetzt. Doch die Jugendlichen halten zusammen. Die Klasse wird daraufhin vom Abitur und damit von einer akademischen Laufbahn in der DDR ausgeschlossen. Fast alle Schüler entschließen sich, in den Westen zu gehen.

Zentrale Figuren

Theo Lemke (Leonard Scheicher) – ein junger Mann aus einer Arbeiterfamilie mit einem ausgeprägten Familiensinn und bedingungsloser Liebe zu seinen beiden kleinen Brüdern. Einer, der sich eigentlich immer durchmogelt und glaubt, man könne sich das Glück wie bei einem vierblättrigen Kleeblatt einfach selbst zusammenkleben. Aber vor allem jemand, der sich im Laufe des Films auf die Suche nach Haltung und Rückgrat begibt.

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Studiocanal GmbH/Julia Terjung
Kurt (Tom Gramenz) während der Schweigeminute

Kurt Wächter (Tom Gramenz) – ein Schüler, der nicht versteht, „dass Sozialisten Sozialisten töten“. Treibende Kraft des Protests. Als Sohn eines Funktionärs zwischen Gehorsam und Ausbruch.

Erik Babinski (Jonas Dassler) – ein junger Mann, der von der Idee des Sozialismus überzeugt ist. Das Westkino bezeichnet er als „dekadenten Dreck“ und glaubt, dass „die Kapitalisten und Faschisten aus dem Westen die Sowjetunion kaputt machen wollen“. Dass er den verstorbenen Vater als roten Frontkämpfer sieht, wird im Verhör instrumentalisiert. Man droht, die wahre Vergangenheit des Vaters zu offenbaren: eine Hinrichtung als Kollaborateur im KZ Sachsenhausen durch die Rote Armee. Erik verliert die Fassung und läuft Amok.

Politische Funktionäre:

Rektor Schwarz (Florian Lukas), Frau Kessler (Jördis Triebel) und Volksbildungsminister Lange (Burghart Klaußner) – stehen für (menschliche) Unterschiede im Apparat. Rektor Schwarz möchte seine Schüler beschützen und warnt vor den Konsequenzen der Schweigeminute. Kreisschulrätin Kessler versucht, die Schüler gegeneinander auszuspielen und ist sich nicht bewusst, welche Auswirkungen das auf die Jugendlichen hat. Volksbildungsminister Lange verkündet vor der Klasse: „Ich bin Kommunist, ich habe den Klassenfeind kennengelernt. Ich bin ihm im Kampf begegnet und ich werde nicht zuschauen, wie der Klassenfeind versucht, den Sozialismus zu unterlaufen“.

Weitere wichtige Figuren sind die Eltern (die Schüler lernen ihre Vergangenheit nach und nach kennen) sowie der schwule DDR-Kritiker Edgar, der der Klasse sein Radio zur Verfügung stellt, damit sie heimlich RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) hören können. Den jungen Menschen sagt er: „Ihr seid jetzt Staatsfeinde, weil ihr frei gedacht habt und aus diesen Gedanken jetzt Taten folgen.“

Gesellschaftsbild

Die DDR ist in diesem Film ein Land, in dem die Ideologie bis in die privaten Beziehungen reicht. Wer der hegemonialen Deutung von Geschichte und aktueller Politik widerspricht, hat hier selbst dann keine Zukunft, wenn er noch jung ist und zu großen Hoffnungen Anlass gibt. Der Würgegriff der Funktionäre ist so stark, dass junge Menschen sogar ihre Familien verlassen, um selbstbestimmt leben zu können. Der Westen wird zwar nicht gezeigt, ist aber das einzig denkbare Ziel, wenn es in der DDR keinen Ausweg mehr gibt.

Gegen die Wucht des Systems sind auch Solidarität und persönlicher Verzicht machtlos. Obwohl die Klasse zusammenhält und alle ihr eigenes Wohl zurückstellen, setzen sich Kreisschulrätin und Volksbildungsminister durch. Das heißt: Es ist in der DDR der 1950er Jahre zwar möglich, ein politisches Bewusstsein jenseits der Vorgaben durch die SED zu entwickeln, die Angst der Funktionäre vor dem Klassenfeind und vor dem Verlust ihrer Macht ist aber so groß, dass sie lieber den eigenen Nachwuchs opfern, als eine Schwäche zu zeigen. Die Generation der Eltern kommt als Hilfe nicht wirklich in Frage. Zum einen glaubt sie an den Sozialismus, zum anderen ist die NS-Vergangenheit noch lange nicht vorbei und von der Macht jederzeit instrumentalisierbar. Die Abhängigkeit vom Staat gilt letztlich unabhängig von der eigenen Einstellung. Sie trifft Kurts Vater (Vertreter der loyalen Elite) genauso wie Theos Vater, der sich 1953 für Alternativen stark gemacht hat (vgl. Hofmann 2020).

Ästhetik und Gestaltung

 

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Studiocanal GmbH/Julia Terjung

Fahnenappell, die Klasse bekommt eine Rüge

Licht und Farbe folgen der Erzählung. Dominieren zu Beginn noch helle Farben voller Lebensfreude, wird das Bild immer trister, eintöniger und grauer. Erst die letzte Szene setzt wieder farbliche Akzente: Es geht mit der Bahn in den Westen, die Jugendlichen haben ihr politisches Erwachen hinter sich. Musik wird eher sparsam eingesetzt. Nachdem die Schüler im RIAS von Ungarn gehört haben, erklingt der Song Tutti Frutti von Little Richard. Die Schüler fangen an zu tanzen und stecken die Zuschauer mit ihrer Lebensfreude an. Beim ersten Verhör ertönt das bekannte DDR-Kinderlied Unsere Heimat. Mehr Kontrast geht nicht.

 

Authentizität

Strategien der Authentizitätskonstruktion

Der Film beruft sich auf eine wahre Begebenheit, zeigt ein Originalfoto der Schulklasse aus dem Jahr 1956 und endet mit dem Satz: „Fast alle Schüler verließen zwischen Weihnachten und Neujahr 1956 ihre Familien und machten ihr Abitur in Westdeutschland. Vier Schüler blieben in ihrer Heimat.“ Es gibt zeitgemäße Kostüme und Berliner Akzent. Volksbildungsminister Lange ist eine reale Figur. Fritz Lange (1898 bis 1981) war von 1954 bis 1958 Minister. Das schweigende Klassenzimmer spielt in Stalinstadt (heute Eisenhüttenstadt) und wurde auch dort gedreht. Das Vorbild spielte in Storkow. Lars Kraume im Filmheft: Der Ort hat „eine große Symbolkraft. Noch heute kann man im dortigen Flächendenkmal nachvollziehen, wie die sozialistische Utopie gedacht war. Gerade hier wird deutlich, dass vor dem Mauerbau der Sozialismus als überlegenes Gesellschaftsmodell für viele Leute möglich schien“.

Beim Cast hat Kraume epd Film zufolge bei den Jungdarstellern bewusst auf bekannte Gesichter verzichtet. Das Publikum sollte sie nicht mit anderen Produktionen assoziieren. Die wichtigsten Erwachsenenrollen wurden mit ostdeutschen Schauspielern besetzt (Ronald Zehrfeld, Florian Lukas, Jördis Triebel, Michael Gwisdek, Götz Schubert). Kraume reagierte damit auf die Skepsis ostdeutscher Regisseure gegenüber Kollegen aus dem Westen. Beim Drehbuch hat er sich mit Dietrich Garstka beraten. Der Buchautor im Deutschlandfunk Kultur: „Ich habe diese Geschichte drei Mal erlebt. Zum ersten Mal 1956, mit 17 Jahren, zum zweiten Mal, als ich das Buch schrieb, und zum dritten Mal, am intensivsten, als der Film entstand“.

Rezeption

Reichweite

Das schweigende Klassenzimmer hatte als Berlinale Special im Friedrichstadtpalast am 20. Februar 2018 Premiere. Im Rahmen der Programmreihe Berlinale Goes Kiez wurde der Film außerdem in einer Sondervorführung für Insassen in der JVA Tegel gezeigt. Am 1. März 2018 startete er in den deutschen Kinos. Er wurde in 182 Kinos gezeigt, verkaufte 302.171 Tickets und landete damit auf Platz 83 der deutschen Kinocharts 2018. Ab 2. Mai 2018 war der Film in Frankreich zu sehen und wurde außerdem im Rahmen der SchulKinoWochen in Berlin gezeigt. Mittlerweile ist er als Blu-ray und DVD erhältlich und kann auch gestreamt werden.

Rezensionen

Die Reaktionen in den Leitmedien waren weitgehend negativ. Der Spiegel sprach von einem „Zeitgeschichtsquark“ und einem „Gang ins Museum“. Die Schüler seien von Anfang an Sieger der Geschichte. Dadurch hätten die politischen Funktionäre keinerlei Autorität. Zudem sei es keineswegs „so leicht, Mut zu haben und solidarisch zu sein“. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung lobte zwar Kraumes Versuch, Geschichte möglichst korrekt darzustellen, wies aber zugleich darauf hin, dass der Film nicht ansatzweise vermitteln könne, wie die DDR tatsächlich war. Das „West-Kino“ spreche hier „ein nachträgliches Machtwort über die autoritäre DDR“.

Die Berliner Zeitung sah dagegen eine „Zeitreise in die Fünfzigerjahre der DDR“, die die „rigiden Mechanismen der Bildungspolitik“ aufzeige. Die Süddeutsche Zeitung äußerte sich ambivalent. Auf der einen Seite stehe das Bemühen, „die persönlich-politischen Grabenkämpfe der Zeit zu verdichten“ und „möglichst viel über das DDR-Leben und seine vertrackten Aushandlungsprozesse“ erzählen zu wollen. Genau dies sei jedoch auf der anderen Seite auch das größte Problem, da die Personen formal und statisch wirken würden und dem Film deshalb „inszenatorischer Wagemut“ fehle. Das Onlineportal epd Film kritisierte ebenfalls die plakativen Figuren, lobte Kraume jedoch dafür, Integrität, Loyalität und Verrat auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen zu thematisieren.

Auszeichnungen

Neben zahlreichen Nominierungen konnten der Film und Lars Kraume folgende Auszeichnungen gewinnen:

Jahr

Preisträger

Preis

Kategorie

2018

Lars Kraume

Friedenspreis des Deutschen Films

 

Die Brücke – Regiepreis national

 

2018

Lars Kraume

Bunte New Faces Award Film

 

Sonderpreis der Jury

 

2018

Jonas Dassler

Bayerischer Filmpreis

Bester Nachwuchsdarsteller

2019

Lars Kraume

Stony Brook Film Festival Long Island (USA)

Audience Choice – Best Feature Film

Das schweigende Klassenzimmer wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat besonders wertvoll ausgezeichnet. In der Begründung wurden das „sehr differenzierte Zeitbild von bürgerlichem Leben in der DDR, die unterschiedlichen Verhaltensmuster der Staatsobrigkeit gegenüber und die scheinbare Akzeptanz oder Ablehnung des von ‚oben‘ angeordneten Verlustes von Meinungsfreiheit“ genannt.

Wissenschaftliche Aufarbeitung

Die Literaturwissenschaftlerin Carola Hähnel-Mesnard (2020: 3f.) hat sich mit dem Spannungsfeld zwischen der medialen Interpretation der DDR-Geschichte und der Alltagswahrnehmung von DDR-Bürgern beschäftigt. Das schweigende Klassenzimmer wird von ihr für die differenzierte Darstellung des Verhältnisses von Bürgerschaft und Staat gelobt. Weniger gut sei dagegen, dass „der Film von Anfang an bewusst unter Rückgriff auf zahlreiche Klischees mit Analogien zwischen dem ostdeutschen Machtapparat und den Nationalsozialisten“ spiele. Dadurch komme es „zu einer problematischen Gleichstellung beider Regime“.

Während Theodor Itten (2018: 164) den Film als eine Demonstration von „kollektivem Mut, Klassenzusammenhalt und den durch die Machtelite der DDR und UdSSR angezettelten Klassenkrieg“ gesehen hat, fragte Martin Sabrow (2018) nach den Gründen für die überwiegend negativen Kritiken. Seine These: Der Film thematisiere zwar die typischen Motive Unterdrückung und Auflehnung, schildere aber darüber hinaus auch das „Aufeinanderprallen zweier Lebenswelten“, „die Verrat und Standhaftigkeit ganz unterschiedlich, aber gleichermaßen in sich geschlossen und plausibel begreifen.“ Dass der Film keine Botschaft formuliere, sondern ein Problem, sei sein größter Vorzug.

Erinnerungsdiskurs

„Wir wollen keinen Film machen, der behauptet, dass der Westen golden und der Osten düster“ gewesen sei, sagte Lars Kraume in der Zeitschrift Vogue. Die Stasi spielt zu keinem Zeitpunkt eine Rolle. Bis zur Schweigeminute zeigt der Film glückliche Schüler, denen es an nichts fehlt und die von der Idee des Sozialismus überzeugt sind. Der Wendepunkt kommt mit ihrem Kampf um Meinungsfreiheit. Ins Zentrum der Erzählung rücken nun Macht und Einfluss der Funktionäre, denen die Schüler hilflos ausgeliefert sind. Dieser Wechsel lässt mich den Film in das Erinnerungsmuster Arrangementgedächtnis einordnen, da die politische Sphäre mit der Lebenswelt verknüpft wird. Die Selbstbehauptung der Schüler unter widrigen Umständen wird ebenso beleuchtet wie der starke Zusammenhalt innerhalb der Klasse (Sabrow 2009: 19). Erlösung bringt nicht der Weg in den Westen, „sondern die Fähigkeit, politisch zu denken und selbständig entscheiden zu können“ (Filmheft).

Empfehlung

Empfehlung der Autorin

Das schweigende Klassenzimmer ist kein Drama, das sich durch Spannung auszeichnet. Wer aber einen Kampf um die Meinungsfreiheit in den Anfängen der DDR sehen möchte, bei dem sich eine ganze Schulklasse geschlossen den politischen Instanzen widersetzt, der wird nicht enttäuscht sein.

Literatur

Carola Hähnel-Mesnard: La RDA dans le (rétro)viseur. Plaidoyer pour une autre perception. In: Symposium Culture@Kultur 2. Jg. (2020), S. 1-7

Michael Hofman: Soziale Strukturen in Ostdeutschland. In: Bundeszentrale für politische Bildung 2020

Theodor Itten: Schweigen. Von der Kunst der Stille bis zur befohlenen Ruhe. Berlin: Springer Nature 2018

Martin Sabrow: Das schweigende Klassenzimmer. Ein Film über Verrat und Standhaftigkeit in der sozialistischen Zustimmungsdiktatur. In: Zeitgeschichte Online vom 13. März 2018

Martin Sabrow: Die DDR erinnern. In: Martin Sabrow (Hrsg.): Erinnerungsorte der DDR. München: C. H. Beck 2009, S. 11-27

Empfohlene Zitierweise

Das schweigende Klassenzimmer. In: Daria Gordeeva, Michael Meyen (Hrsg.): DDR im Film 2024, https://ddr-im-film.de/de/film/das-schweigende-klassenzimmer