Louis Leinweber

Geboren 1993 in Hessen. Von 2015 bis 2021 Studium der Kommunikationswissenschaft in München und Bamberg. Im Rahmen des Masterstudiums arbeitete er von 2020 bis 2021 an diesem Handbuch mit.

Mein DDR-Bild

Ich kann vor allem das nicht vorhandene DDR-Bild und damit eine gewisse Bezugslosigkeit zur DDR hervorheben: In der Schule wurde der Fokus in den letzten Schuljahren vor allem auf die Aufarbeitung des dritten Reiches und die Nazidiktatur gelegt. Jüngere deutsche Geschichte nach 1945 spielte weniger eine Rolle. Aufgewachsen in Westdeutschland, war die DDR oder die Erinnerung an sie auch im sozialen Umfeld kein Thema. Die Tatsache, dass Hessen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze liegt, bildet hier bereits den einzigen (geographischen) Bezugspunkt.  Lediglich Das Leben der Anderen hatte ich bis zur Mitarbeit an dem Masterprojekt gesehen und noch in vager Erinnerung – damit verbunden die Thematisierung der Rolle der Stasi in der DDR.

Meine Erfahrung aus der Arbeit am Handbuch

Zwei Dinge kommen mir hier in den Sinn: Zum einen ein Zitat von Stephen Kinzer für die New York Times zur Premiere von Go Trabi Go: „Few citizens of the former East Germany feel genuine nostalgia for the days of Communist rule. But many insist that life back then was not all bad.” Hier wird die Sehnsucht eines (ost-)deutschen Publikums nach einer alltäglicheren und entpolitisiert(er)en Darstellung deutsch-deutscher Geschichte deutlich. Etwas, das durchaus nachvollziehbar scheint, aber in den von mir untersuchten Filmen und Serien oft nicht vorgefunden wurde.

Zum anderen ein besseres Verständnis – und vielleicht auch mehr Demut – gegenüber Ostbiografien im Besonderen und älteren Biografien generell. Besonders wurde das in Deutschland 89 deutlich, als Martins Urgroßmutter lapidar feststellt, dass sie schon zwei Systemwechsel (1933, 1945) mitgemacht habe und auch der Fall der Mauer nicht das Ende der Welt bedeute. Oder als ein Stasioffizier in derselben Serie nach dem Mauerfall mit seinem Schicksal hadert – in dem einen System ein verdienter Staatsdiener, in dem anderen ein Verbrecher. Oder an der Figur der Lenora Rauch, die aus inbrünstiger sozialistischer Überzeugung einen Systemwechsel kurz vor der Wiedervereinigung mit aller Macht noch verhindern möchte. In diesen Momenten wurde mir als Zuschauer bewusst, wie fragil politische Ordnung sein kann und welchen unterschiedlichen und teils auch widersprüchlichen Gefühlen Menschen ausgesetzt sind, die politische Umbrüche miterlebt haben.