Damals in der DDR
Inhalt
- Kurzinformationen
- Filmdaten
- Kurzbeschreibung
- Schlagworte
- Entstehungskontext
- Beteiligte
- Filminhalt
- Handlung
- Gesellschaftsbild
- Ästhetik und Gestaltung
- Strategien der Authentizitätskonstruktion
- Rezeption
- Reichweite
- Rezensionen
- Auszeichnungen
- Einordnung in den Erinnerungsdiskurs
-
Empfehlung der Autorin
- Literatur
Kurzinformationen
Filmdaten
Kurzbeschreibung
Schlagworte
Entstehungskontext
Beteiligte
Die Serienregie übernahm Karsten Laske (Jahrgang 1965), der in der DDR aufwuchs und als Schauspieler sowie als künstlerischer Mitarbeiter an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf im Fachbereich Regie arbeitete. Mit der DDR befasste er sich bereits in seinem Spielfilm Hundsköpfe (2001). Laske sagte dem MDR, dass Damals in der DDR den Anspruch habe, „dem tatsächlichen Leben in der DDR jenseits von Schwarzweiß-Malerei und Ostalgie gerecht zu werden“.
Laske wurde von einem achtköpfigen Regie- und Autorenteam aus Ost- und Westdeutschland unterstützt: Sven Ihden (Jahrgang 1966), Ute Gebhart (1963), Reinhard Joksch (1965), Roland May (1960), Burkhard Kunst, Steffen Schneider (1967), Britt Beyer (1968, DDR) und Susanne Binninger (1966). Einige im Team hatten sich schon vorher mit der DDR befasst: etwa Roland May in der Dokumentation KGB – Zwei Spione eine Freundschaft (1991) oder Ute Gebhart mit Powerfrauen hinter Klostermauern – Ordensfrauen in der EX-DDR (1995) sowie Ein Sieg aus Stein – Buchenwald und die DDR (1995).
Damals in der DDR wurde von Gunnar Dedio und seiner Produktionsfirma LOOKSfilm in Zusammenarbeit mit der ARD, dem MDR und dem WDR produziert. Gunnar Dedio (Jahrgang 1969) ist ein ostdeutscher Filmproduzent und Medienunternehmer. Mit LOOKSfilm (gegründet 1995) hat er sich auf internationale Koproduktionen und historische Themen spezialisiert. Damals in der DDR war seine erste thematisch einschlägige Produktion.
Die Folgen zwei bis fünf wurden von der Mitteldeutschen Medienförderung mit 500.000 Euro finanziert und vom Haus der Geschichte – PFLUG e.V. Lutherstadt Wittenberg unterstützt. Die Berliner Zeitung sprach von insgesamt 2,2 Mio. Euro Budget, Fördermittel eingeschlossen.
Damals in der DDR gibt es seit 2006 auf DVD. Daneben hat die Bundeszentrale für politische Bildung im gleichen Jahr eine DVD zur Schul- und Erwachsenenbildung mit dem Namen Damals in der DDR – Zeitzeugen erzählen ihre Geschichten veröffentlicht, die auf der Dokureihe basiert. Dort gibt es auch ein Glossar, eine Chronik und didaktische Arbeitsblätter. Zum Launch gab es am 24. April 2006 eine Veranstaltung, organisiert von Bundeszentrale, MDR und Stiftung Aufarbeitung. Torsten Dahl erwähnte in der Berliner Zeitung außerdem einen Radiomehrteiler, ein Hörbuch, ein Sachbuch, eine Wanderausstellung sowie Merchandise-Artikel (T-Shirt, Aufkleber).
Filminhalt
Handlung
Damals in der DDR erzählt die Geschichte des Landes chronologisch vom Kriegsende bis zu Mauerfall und Vereinigung. Dabei geht es um Flucht, um Überwachung, um die zunehmend prekäre wirtschaftliche Lage und um den Sozialismus als Gegenentwurf zum Kapitalismus. Im Vordergrund steht aber weniger eine minutiöse Nacherzählung des Geschehens, sondern der Alltag.
Menschen, die dabei waren, erzählen, wie sie die DDR erlebt haben. Die Personen haben dabei ganz unterschiedliche Hintergründe. Neben Partei- und Stasileuten kommen auch die zu Wort, die beobachtet wurden oder sogar in der Opposition waren.
Gesellschaftsbild
Damals in der DDR erzählt eine Niedergangsgeschichte – von einem hoffnungsvollen Aufbruch nach dem Krieg und dem Wunsch, mit dem Sozialismus einen Neubeginn zu wagen, bis zum Scheitern aller Träume. So heißt es in Folge drei: „Am Anfang war die Utopie. Der Glaube an einen neuen Menschen, eine neue, gerechtere Gesellschaft.“ Hier schwingt schon mit, dass daraus nichts geworden ist.
Der Blick auf die DDR wird von Anfang an vom Wissen um das Ende bestimmt. Die Folgen heißen zum Beispiel „Partei ohne Volk“, „Republik am Abgrund“ oder „Vereint für immer“. Im Titellied singt Udo Lindenberg: „Ich dachte, ey, wie schön das wär, wenn die Mauer fällt. Ja, das wollen wir sehen.“
Neben negativen Aspekten (Mauerbau, Stasi-Überwachung, wirtschaftlicher Verfall) gibt es aber auch Lichtblicke. So erzählt der Zeitzeuge Gerald Wahrlich, dass er sich bei Problemen immer direkt an die Parteispitze wenden und Honecker persönlich anschreiben konnte: „Ich fand dort überall Gehör, und es wurde auch immer höflich geantwortet.“ Und Ingeborg Hoerenz beschreibt die fröhlichen Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zum 1. Mai auf Hiddensee.
Damals in der DDR dämonisiert die politischen Institutionen nicht. Das hat viel mit der Auswahl der Befragten zu tun. Wenn Stasi- oder SED-Funktionäre über ihren Arbeitsalltag sprechen, bekommen Geheimdienst und Partei ein menschliches Gesicht.
Anders als in vielen Jubiläumsberichten in den Leitmedien verklärt die Dokureihe die Vereinigung nicht. Die Geschichte der DDR endet hier nicht mit Menschen, die sich bei der Maueröffnung in den Armen liegen. Damals in der DDR thematisiert die Schwierigkeiten und zeigt eine Gesellschaft, die neben Freude auch Unsicherheit, Trauer, Bitterkeit und Wut empfindet. Günter Polauke, damals Bezirksbürgermeister in Berlin-Treptow: „Ich bin ein Kind der DDR. Das ist meine Heimat, das ist meine Entwicklung, das ist ein Leben. So gesehen war diese Entwicklung für mich persönlich also eine sehr tragische, weil mit dem Untergang der DDR für mich auch ein Stück Lebensaufgabe, Lebensauffassung zu Bruch gegangen ist.“
Ästhetik und Gestaltung
Die Dokureihe zeigt eine sehr facetten- und kontrastreiche DDR. Auf der einen Seite werden farbenfrohe Bilder von den Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen der FDJ oder vom Urlaub im Luxushotel Neptun an der Ostsee gezeigt. Auf der anderen Seite stehen Aufnahmen von verfallenden Innenstädten und von der Umweltverschmutzung durch Chemiebetriebe.
Musik wird in Damals in der DDR vor allem genutzt, um die Szenen atmosphärisch abzurunden. Zu Bildern von den Weltfestspielen der Jugend 1951 in Berlin läuft fröhlicher Chorgesang, zur Geschichte von der Enteignung einer Stofftierfabrik dagegen traurige Klaviermusik.
Authentizität
Strategien der Authentizitätskonstruktion
Damals in der DDR war als Gegenbild zu den „heiteren Erinnerungen und schnurrigen Anekdoten“ der Ostalgie-Welle in den frühen 2000ern konzipiert: „Wissen und Wahrheit“ statt „Kitsch und Klischee“ (LOOKSfilm). Dafür nutzte das Filmteam unterschiedliche Strategien: historische Daten von einem Off-Sprecher, Zeitzeugenberichte (sozusagen: Wissen aus erster Hand) und Videos, Fotos oder Dokumente aus den Archiven. Einige Szenen wurden (für das Publikum deutlich erkennbar) nachgestellt. Das Portal, das der MDR für die Dokureihe erstellt hat, enthält Zeitzeugenberichte, Informationen zur Sendereihe, Kurzbiografien und Interviews mit einigen der Beteiligten, darunter Karsten Laske, Sven Ihden, Ute Gebhart, Steffen Schneider und Reinhard Joksch.
Rezeption
Reichweite
Damals in der DDR wurde nicht chronologisch ausgestrahlt. Das Erste hat die Folgen zwei bis fünf zum 15. Jahrestag des Mauerfalls im November 2004 als Vierteiler gezeigt und die Folgen acht bis zehn dann vor dem Tag der deutschen Einheit im September 2005. Seit 2014 ist die Reihe auf YouTube.
Folge |
Erstausstrahlung |
Folge 1: Aufbruch in Trümmern |
16. August 2005 im MDR |
Folge 2: Neubeginn auf Russisch |
8. November 2004 im Ersten |
Folge 3: Utopie hinter der Mauer |
15. November 2004 im Ersten |
Folge 4: Plan & Pleite |
22. November 2004 im Ersten |
Folge 5: Partei ohne Volk |
29. November 2004 im Ersten |
Folge 6: Republik am Abgrund |
10. Januar 2006 im Ersten |
Folge 7: Staat am Ende |
17. Januar 2006 im Ersten |
Folge 8: Freiheit ohne Grenzen |
19. September 2005 im Ersten |
Folge 9: D-Mark für alle |
26. September 2005 im Ersten |
Folge 10: Vereint für immer |
28. September 2005 im Ersten |
International stieß Damals in der DDR auf großes Interesse. Im November 2004 hatten schon 38 Länder die Dokureihe gekauft, darunter Japan, Polen, Ungarn, die Niederlande und Zypern (SuperIllu).
Rezensionen
Damals in der DDR hat vor der Erstausstrahlung des Vierteilers im Ersten viel mediale Aufmerksamkeit erhalten. Es gab unter anderem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, im Neuen Deutschland, in der Welt und in der Mitteldeutschen Zeitung. In aller Regel waren dies aber eher Inhaltsangaben (wenn man so will: redaktionell verpackte TV-Werbung) und keine Rezensionen. Lediglich Torsten Dahl ließ sich in der Berliner Zeitung zu einem Urteil hinreißen und wirkte dabei wenig überzeugt von der Dokureihe. Der Trailer von Damals in der DDR, so schreibt er, „lässt Schlimmeres ahnen, doch ganz so arg wird es dann doch nicht.“ Es gibt einen Pressespiegel von Robert Handrick.
Zur Erstausstrahlung der zweiten Folge („Neubeginn auf Russisch“) hat der Deutschlandfunk den DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin interviewt. Templin: „Es ist gelungen, DDR-Gesellschaft, DDR-Alltag differenziert, aber eben nicht unkritisch darzustellen in dieser frühen Phase.“ Gleichzeitig verwies er auf Lücken. Seiner Meinung nach werden die Herrschaft der sowjetischen Besatzungstruppen und der frühe politische Widerstand nicht ausreichend gewürdigt.
Auszeichnungen
Damals in der DDR wurde 2005 mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet.
Erinnerungsdiskurs
Allein schon durch ihren Umfang und die große Zahl an Befragten bedient Damals in der DDR eine Vielzahl unterschiedlicher DDR-Narrative. Die Dokumentation lässt sich deshalb nur schwer einem Gedächtnistyp zuordnen (vgl. Sabrow 2009). Durch die Berichte aus dem Alltag steht sicher das Arrangementgedächtnis im Vordergrund. Viele erzählen von der Arbeit oder von gesellschaftlicher Teilhabe und nehmen dabei die politischen Umstände als gegeben hin. Daneben gibt es Geschichten über Flucht, Mauerbau oder Stasiüberwachung und damit Referenzen an das Diktaturgedächtnis. Das Fortschrittsgedächtnis lebt auf, wenn vom Sozialismus als Gegenentwurf zum Kapitalismus oder von Vorzeigeprojekten die Rede ist.
Empfohlene Zitierweise