73884-0-6_0.jpg
ZDF/W&B Television; Morten Søborg

Preis der Freiheit

Kurzinformationen

Filmdaten

Titel
Preis der Freiheit
Erscheinungsjahr
2019
Produktionsland
Originalsprachen
Länge
290 Minuten

Kurzbeschreibung

Das dreiteilige Politdrama Preis der Freiheit dreht sich um die Schwestern Margot Spindler, Lotte Bohla und Ina Winter in den letzten Jahren der DDR und direkt nach dem Mauerfall. Im Spannungsfeld zwischen Familie und gesellschaftlichen Umbrüchen finden sich die Schwestern immer wieder auf unterschiedlichen Seiten wieder. 

Schlagworte

Schauplatz
Genre
Ereignisse

Entstehungskontext

Beteiligte

Regie

Michael Krummenacher, Jahrgang 1985, ist ein Schweizer Regisseur und Drehbuchautor. Preis der Freiheit ist seine erste Produktion, die sich mit der DDR befasst. Er selbst hat keinen Bezug zu diesem Thema. In einem Interview hat er die persönliche Distanz als Stärke beschrieben. Er fühle sich weder der einen noch der anderen Seite verpflichtet und sei frei, ein neues Bild von der Vergangenheit zu schaffen (Spätvorstellung – Das Kinomagazin).

Drehbuch

Das Drehbuch stammt von Michael Klette, Charlotte Wetzel und Gabriela Sperl. Michael Klette wurde 1959 in Opladen (Nordrhein-Westfalen) geboren, machte aber früh Erfahrungen an DDR-Theatern (unter anderem in Anklam). Wikipedia spricht von einem Zerwürfnis mit der offiziellen Kulturpolitik und seiner Ausreise (1986). Von Klette ist auch der Dokumentarfilm Die Klasse – Berlin ’61 (2015). Gabriela Sperl, 1952 in Bad Godesberg (Nordrhein-Westfalen) geboren, war beim Preis der Freiheit Drehbuchautorin und Produzentin. Als Referenz brachte sie eine Mitarbeit an der ZDF-Serie Tannbach (2015 - 2018) ein. Preis der Freiheit sollte, sagte sie, nicht nur die Glücksmomente des Mauerfalls und der Wiedervereinigung zeigen, sondern auch die tiefen „emotionalen, wirtschaftlichen und ideologischen Gräben“ zwischen den beiden deutschen Staaten (Goldene Kamera). 

Finanzierung

Preis der Freiheit wurde vom Czech Film Fund gefördert. Die Höhe der Fördersumme wurde nicht veröffentlicht.

Werbung

Auf der ZDF-Filmseite erschienen eine dreiviertelstündige Dokumentation zu der Filmreihe, ein Interview mit Hauptdarstellerin Barbara Auer sowie mehrere Info-Videos (zum Beispiel Müll gegen Devisen).

Seit November 2019 ist Preis der Freiheit auf DVD erhältlich. Bonusmaterial: ein Interview mit Regisseur Michael Krummenacher und ein Booklet mit Hintergrundinformationen und weiteren Interviews. 

Filminhalt

Handlung

Der ZDF-Dreiteiler Preis der Freiheit erzählt die Geschichte vom Niedergang der DDR anhand der Familie Bohla. Im Zentrum stehen die Schwestern Margot, Lotte und Silvia, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Margot als systemtreue Hardlinerin für die Kommerzielle Koordinierung (kurz KoKo) arbeitet, ist Lotte zunehmend unzufrieden mit den Zuständen. Silvia lebt bereits seit Jahren in der BRD. 

Im Film geht es um Flucht und Ausreise, um den wachsenden Unmut über die repressiven Methoden des Staates, um Umweltverschmutzung und den Import von Müll aus der BRD. Dreh- und Angelpunkte sind die finanzielle Schwäche der DDR und die Versuche der KoKo, das Land vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren. Preis der Freiheit endet nicht mit der Wiedervereinigung und nimmt auch die Rolle der Bundesrepublik bei der Wiedervereinigung kritisch unter die Lupe. 

Zentrale Figuren

Margot Spindler (Barbara Auer) – die älteste der drei Schwestern. Hat eine führende Position bei der KoKo (Kommerzielle Koordinierung). Margot ist überzeugte Sozialistin und tut alles, um die DDR vor der Insolvenz zu retten. 

73884-0-1.jpg
ZDF/Mathias Bothor
Margot Spindler (Barbara Auer, l.), 
Ina Winter/Silvia Bohla (Nicolette Krebitz, r.)

Ina Winter/Silvia Bohla (Nicolette Krebitz) – floh mit Margots Hilfe in den Westen und ließ dabei ihre Kinder Roland und Christa zurück. Die Familie (bis auf Margot und ihre Mutter Else) hält sie für tot. Unter dem Namen Ina Winter arbeitet sie für das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen und hilft bei den Freikäufen von DDR-Bürgern.

Lotte Bohla (Nadja Uhl) – alleinerziehende Mutter (Ingo, 16). Betreibt eine kleine Buchhandlung und schließt sie sich der Widerstandsgruppe „Umweltbibliothek“ an, um Missstände aufzudecken und das System von innen heraus zu verbessern. 

Paul Spindler (Joachim Król) – Margots Mann. SED-Mitglied und Kombinatsleiter. Paul ist überzeugter Sozialist, widerspricht aber teilweise den Methoden der Regierung: „Gewalt gegen Andersdenkende ist Gewalt.“

Gesellschaftsbild

73884-0-6_0.jpg
ZDF/W&B Television; Morten Søborg

Preis der Freiheit zeigt eine zerrissene Gesellschaft. Es gibt Hardliner wie Margot und Oma Else, die das zerbröckelnde System um jeden Preis erhalten wollen. Auf der anderen Seite stehen Silvia und ihr Sohn Roland, die sich entschieden gegen eben dieses System wenden und die Flucht ergreifen (oder es versuchen). Dazu kommen Reformer wie Lotte. Sie alle werden von Idealen angetrieben – vom Glauben an den Sozialismus, von der Freiheit, vom Wunsch nach Veränderung. 

In der Familie Bohla gibt es keinen Alltag ohne Politik. Immer ist klar, wer auf welcher Seite steht. So weist Else ihre Tochter Lotte bei einem Besuch zurecht: „Mach das Westradio aus – sofort!“ Die eigenen Ideale sind dabei wichtiger als das Wohl anderer Familienmitglieder. So ist Else nicht gewillt, ein gutes Wort für ihren Enkel Ingo einzulegen, als er sich danebenbenommen hat. Silvia floh ohne ihre Kinder aus der DDR. 

Die Bundesrepublik ist in diesem Film dagegen homogen. Hier regiert das Geld. Die Haltung der Westdeutschen gegenüber ihren Landsleuten aus dem Osten ist abschätzig und rücksichtslos. Finanzminister Hartmann (der spätere Chef von Ina) spricht zum Beispiel von Tieren und Barbaren. Nach dem Mauerfall schlägt er vor: „Übernahme, und zwar sofort. […] Wir stülpen denen einfach unser System über.“

Ästhetik und Gestaltung

73886-0-2.jpg
ZDF/W&B Television; Morten Søborg

Das Intro ist mit einem Eurythmics-Titel unterlegt: Sweet Dreams (Are Made of This) von 1983. Die Botschaft ist klar: Jeder Mensch wird von einem Traum angetrieben. Die Darstellung der DDR ist stereotyp: Trabis und Häuser mit abblätterndem Putz, Wohnungen und Büros mit DDR-typischen Möbeln. Die Musik ist passend zur Grundstimmung der jeweiligen Szene häufig getragen und eher schwermütig, bei Treffen von Stasi und KoKo hingegen mysteriös. Auffällig ist der Gegensatz zur Bundesrepublik. Auf der einen Seite Ruhe und Probleme und auf der anderen häufig Club-Szenen, bei denen Arbeit und Spaß Hand in Hand zu gehen scheinen. Am Ende des ersten Teils wird zwischen einem gewaltsam niedergeschlagenen Konzert in der DDR und einer gelösten Clubfeier im Westen hin und her geschnitten. 

Authentizität

Strategien der Authentizitätskonstruktion

Die Produzenten von Preis der Freiheit waren um eine möglichst detailgetreue Wiedergabe historischer Gegebenheiten bemüht. Zwar ist die Geschichte um die Familie Bohla frei erfunden, die Begleitumstände und wichtige Persönlichkeiten (vor allem die KoKo unter der Leitung von Alexander Schalck-Golodkowski) gab es aber tatsächlich (Literaturvorschlag zum Nachlesen: Judt 2013). Außerdem gibt es Originalaufnahmen – etwa von Ronald Reagan („Mr. Gorbachev, tear down this wall!“) oder eine illegal gefilmte Dokumentation über die Umweltverschmutzung in der DDR („Bitteres aus Bitterfeld“). Dreharbeiten in Berlin (hauptsächlich allerdings in Prag) tragen ebenfalls zur Konstruktion eines authentischen Gesamtbildes bei. Als Berater werden Sven Felix Kellerhof, Ilko-Sascha Kowalczuk, Siegbert Schefke und Peter Winsierski genannt. 

Rezeption

Reichweite

Premiere feierte Preis der Freiheit am 28. September 2019 auf dem 15. Züricher Film Festival. Die Erstausstrahlung im Fernsehen folgte am 4., 5. und 6. November jeweils um 20:15 Uhr im ZDF. Anlass war das 30. Jubiläum des Mauerfalls. Der Dreiteiler war in der ZDF-Mediathek für einen begrenzten Zeitraum verfügbar.

Zuschauerzahlen

Teil 1

4,46 Millionen

Teil 2

3,96 Millionen

Teil 3

3,66 Millionen

Rezensionen

Die Kritiken zu Preis der Freiheit fielen sehr unterschiedlich aus. Der Rezensent des dpa-Newskanals war voll des Lobes: „Was zunächst trocken klingt, entpuppt sich schnell als eine spannende Mischung aus Agententhriller, Wirtschaftskrimi, Familientragödie und Historien-Drama.“ Auch Heike Hupertz stellte dem Film in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein gutes Zeugnis aus, vor allem mit Blick auf den Austausch zwischen Ost- und Westdeutschen. Für Hupertz rückte Preis der Freiheit wie kaum ein Wendefilm vorher „die Ernüchterung in den Blick und vermag es, Verständnisbrücken in die Gegenwart zu schlagen.“

Negativ fiel dagegen die Bewertung von Matthias Dell in der ZEIT und Peter Luley im SPIEGEL aus. Für beide ist die Erzählung zu konventionell geraten, ein „Einheitsbrei“ (Luley) und ein „Eintopf aus Gefühlchen“ (Dell). Einzige Lichtblicke die durchweg hervorragende schauspielerische Leistung (Luley) und die Thematisierung der DDR-Wirtschaftsgeschichte (Dell). 

Torsten Wahl ging in der Berliner Zeitung noch einen Schritt weiter und schrieb, der Dreiteiler Preis der Freiheit sei grundlegend gescheitert: „Gabriela Sperl hofft, ihr Film möge zur deutsch-deutschen Versöhnung beitragen. Dazu müsste er erst einmal das deutsch-deutsche Leben zur Kenntnis nehmen.“

Auszeichnungen

Preis der Freiheit wurde mit dem Deutschen Filmpreis in folgenden Kategorien ausgezeichnet: 

  • „Bester Mehrteiler“
  • „Beste Schauspielerin“ für Barbara Auer
  • „Bester Schauspieler“ für Joachim Król

Erinnerungsdiskurs

Preis der Freiheit ragt aus der Masse der Filme um die DDR und die Wiedervereinigung heraus. Zwar werden viele bekannte Motive wie Flucht, Widerstand gegen das System und die Familie als Repräsentant der Gesellschaft bedient, mit dem Fokus auf die wirtschaftlichen Ursachen für den Niedergang der DDR und die Kommerzielle Koordinierung erzählt der Dreiteiler jedoch eine etwas andere Geschichte von den Ereignissen in den späten 1980er Jahren. Dieser neue Blick auf die Wiedervereinigung zeigt sich auch in der Gegenüberstellung der beiden deutschen Staaten: In der Erzählung von Michael Krummenacher und Gabriela Sperl stehen beide letztlich nicht gut da. Wo in der DDR repressive Methoden, Umweltverschmutzung und die Devisenbeschaffung durch die KoKo in der Kritik stehen, wird auf bundesdeutscher Seite auf skrupellosen Kapitalismus und die Rücksichtslosigkeit gegenüber den Menschen in Ostdeutschland hingewiesen. Insofern lässt sich Preis der Freiheit keinem der drei Gedächtnistypen von Sabrow (2009) zuordnen. Weder Diktatur noch Arrangement oder Fortschritt stehen im Vordergrund. Stattdessen zeigt Preis der Freiheit, dass sich die Erzählungen rund um die deutsch-deutsche Geschichte 30 Jahre nach dem Mauerfall langsam von diesen drei Stereotypen lösen und Platz für neue Erzähl- und Deutungsmuster entsteht. 

Empfehlung

Empfehlung der Autorin

Preis der Freiheit lässt sich gut auf mehrere Abende aufteilen und eignet sich besonders für historisch Interessierte, die schon Filme über die DDR gesehen haben und auf Abwechslung hoffen. Zwar hat der Dreiteiler Längen, die vielen Handlungsstränge und das hervorragende Personal helfen aber darüber hinweg. 

Literatur

Matthias Judt: Der Bereich Kommerzielle Koordinierung. Das DDR-Wirtschaftsimperium des Alexander Schalck-Golodkowski – Mythos und Realität. Berlin: Ch. Links 2013.

Martin Sabrow: Die DDR erinnern. In: Martin Sabrow (Hrsg.): Erinnerungsorte der DDR. München: C.H. Beck 2009, S. 11-27.

Empfohlene Zitierweise

Preis der Freiheit. In: Daria Gordeeva, Michael Meyen (Hrsg.): DDR im Film 2024, https://ddr-im-film.de/de/film/preis-der-freiheit